Presseberichte

Neckar-Open 2004 in Deizisau

8. Neckar-Open in Deizisau vom 08. bis 12.04.2004

 

In diesem Jahr musste ich wenigstens nicht alleine nach Deizisau reisen. Mehr noch: Ich wurde von Uli Sperber und dessen reizender Freundin Oksana im Auto in meine schwäbische Heimat mitgenommen.

 

Bei der Begrüßung der Teilnehmer wies Cheforganisator Sven Noppes stolz darauf hin, dass das Neckar-Open mit 607 Teilnehmern in 3 Kategorien das weltweit größte Openturnier sei. Mag sein, dass er da ein wenig zu dick aufgetragen hat (was ist mit dem Aeroflot Open in Moskau, Capelle la Grande bei Dunkirchen oder auch Pardubice?). Dennoch: 319 Spieler im A-Turnier, 200 (B) und 88 (C) können sich sehen lassen, und bei einem Preisgeld von insgesamt € 14.800,- war klar, dass jede Menge Titelträger dabei sein würden. 19 GM, 24 IM, 23 FM, 4 WGM und 2 WFM mischten sich unter das gemeine Schachvolk!

 

Neben dem Hauptevent liefen wie im Vorjahr noch weitere Turniere, z.B. die Internationale Deutsche Jugendmeisterschaft 2004, ein Einladungs-Rundenturnier mit 10 Teilnehmern und der Möglichkeit, eine IM-Norm (6 aus 9) zu erzielen oder das eintägige Kinder- und Jugend-Open, an dem 135 Spieler in 5 Altersklassen teilnahmen. Offenbar war das Organisationsteam damit immer noch nicht ausgelastet, denn zusätzlich bot man ein Seniorenopen an, das bei der Premiere immerhin 26 Spieler am Start sah.

 

Die Bewirtschaftung mit ca. 400 Mittagessen täglich, Bergen von Kuchen, Baguettes und Getränken sowie der kostenlose Shuttle Service von bzw. zu den umliegenden Unterkünften mit Kleinbussen eines der Hauptsponsoren sind weitere logistische Meisterleistungen, die aber auch nötig sind, um diese Masse von Schächern in den Griff zu bekommen. Erstmals wurden die Partien an den 4 Spitzenbrettern live ins Internet übertragen. Überflüssig zu erwähnen, dass selbst in der überregionalen Presse (FAZ, SZ usw.), im Radio und im Fernsehen regelmäßig von diesem großartigen Schachereignis berichtet wurde.

 

Die Unparteiischen leisteten ebenfalls vorbildliche und professionelle Arbeit, aber war das denn ein Wunder, wenn man einen Großmeister (GM Anka) in seinem Schiedsrichterteam hat? Gespielt wurde wie immer in der Gemeindehalle und der unmittelbar anschließenden Turnhalle des Sportvereins Deizisau. Und hier gibt es einen der wenigen Ansätze zur Kritik. Ein nicht genannt werden wollender IM meinte, dass die Organisatoren „Opfer ihres eigenen Erfolgs“ seien. Gemeint waren damit die Spielbedingungen in der Gemeindehalle, die einem derartig stark besetzten Open unwürdig sind. Man sitzt viel zu eng aufeinander, und hat kaum Luft zum atmen. Absperrungen gibt es ebenfalls keine. Da hat man sogar bei der KEM unseres Schachkreises Zugspitze bessere Verhältnisse!

Die Partien in der Turnhalle wurden jeweils 10 Minuten später freigegeben, sonst wäre die Zeitnotphase für das Schiedsrichterteam nicht zu bewältigen gewesen. Niemand kann sich zweiteilen. Fünf Minuten vor jedem Rundenbeginn setzte Musik ein, die pünktlich auf die Sekunde verstummte. Dies war das offizielle Signal zur Partiefreigabe. Sehr originell!

 

Im A-Turnier (1. Preis 2.250,- €) konnten nur IM-Normen erspielt werden, da die Mindestspieldauer zur Erzielung einer GM-Norm 6 Stunden beträgt und der Modus in Deizisau 2/40+30 lautet. Die Höhe des Preisgeldes für den Sieger des B-Turniers ist zumindest in Deutschland einmalig. Immerhin kann man hier als blutiger Amateur einen Siegerscheck von 1.000,- € einstreichen! Und selbst der Sieger des C-Turniers gewann noch € 250,-. Spitzenwerte also in allen Kategorien. All das und noch viel mehr macht dieses Turnier so empfehlenswert. Es gibt Vereine, die nehmen mit 12 und mehr Spielern dort teil. Zahlen, von denen ich nur träume. Aber man soll ja bekanntlich die Hoffnung nie aufgeben.

 

Und wie war Ulis bzw. mein Abschneiden? Nun, Uli spielte im B-Turnier und erwischte einen respektablen Start. So spielte er in der 2. Runde sogar an Brett 1 mit Namensschild, das er sich nach der Partie als Souvenir sicherte. Nach zwischenzeitlichen 4 aus 6 befand er sich sogar „nah am Geld“, konnte sich aber nicht im Spitzenfeld halten und beendete das Turnier als 61. mit 5 aus 9.

 

Meine Wenigkeit hatte sich für das A-Turnier entschieden, weil ich starke Gegner wollte und den masochistischen Drang verspürte, von Anfang an mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Und es kam, wie es kommen musste. Trotz mancher ordentlicher Leistung mit Weiß reichte es nur zu 3 aus 9 und dem 275. Platz. Einmal nahm ich sogar massive Hilfe von Glücksgöttin Fortuna in Anspruch. Über meine Leistungen mit Schwarz decke ich lieber den Mantel des Schweigens. Zum Glück hatte ich fünfmal Weiß… Erfreulich war, dass ich endlich eine ELO-Zahl erspielt habe (1955) und das in einem einzigen Turnier. 31 Jahre hat es also gedauert, um einen Platz in der Weltrangliste zu ergattern!

 

Auch unser Zweitmitglied, IM Stefan Bromberger spielte mit, aber ich hatte keine einzige Gelegenheit, mit ihm ein paar Worte zu wechseln, zumal er anfangs natürlich vorne und damit im anderen Turniersaal spielte. Sein Abschneiden dürfte bei ihm selbst das größte Entsetzen ausgelöst haben, denn mit 4,5/9 und u.a. 3 Niederlagen hintereinander in den Runden 5-7 verdarb er sich seine in Bad Wiessee 2003 mühsam verbesserte ELO-Zahl erheblich (2435, -25).

 

Indessen wird Ulis Freundin wohl nie mehr zu einem Schachturnier mitfahren! Bis zu 10 Stunden Schach (ohne Analysen!) sind für eine Nicht-Schachspielerin schwer zu verkraften…

Wem dies alles als Information über Deizisau nicht genügt, kann gerne unter http://www.neckar-open.de/ nachschauen. Dort findet er wirklich erschöpfend Auskunft.

Im Partienbereich habe ich das eine oder andere „Wunderwerk“ kommentiert. Viel Spaß beim Nachspielen und Staunen!

Stefan Winkler