Wiederaufbau mit altem Vorsitzenden und neuen Hoffnungsträgern
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Das Urteil der Starnberger Spruchkammer gegen Christian Gerstetter am 13.10.1948 markierte nicht nur das juristische Ende seiner NS-Vergangenheit. Es schuf auch einen Neuanfang für den SK Starnberg. Denn man kann wohl davon ausgehen, dass viele Schachfreunde, die sich nach Kriegsende im Ratstüberl des „Weinhaus Schirmer“ trafen, noch immer große Stücke auf den früheren Vereinsleiter hielten. Gerstetter wiederum hatte durch die Vereinsauflösung im April 1945 und seine folgende Lagerhaft den Kontakt zu zahlreichen Mitgliedern des alten Klubs verloren. So wusste er nach seiner Rückkehr nach Starnberg am 03.04.1947 zunächst nichts von den Schach-Treffen im „Weinhaus Schirmer“. Zudem belastete ihn sein Strafverfahren so sehr, dass er sich bis zu dessen Abschluss keine neue Aufgabe in einem Schachverein vorstellen konnte.
Der Chef kehrt zurück – Gerstetter als Gründungslokomotive, Turnierleiter & Klubmeister
Dies änderte sich jedoch, als Gerstetter ab Herbst 1948 montagabends in seinem Starnberger Anwesen immer öfter Besuch von Erich Hassler und Johann Fackler bekam, zwei regelmäßigen Besuchern der Schach-Treffen im „Weinhaus Schirmer“. Selbstverständlich wurde auch bei Gerstetter Schach gespielt. Zudem erzählte das Duo dem langjährigen Funktionär von den Zusammenkünften in der Gaststätte. Sie tischten Gerstetter gleichzeitig eine Bitte auf: er möge doch bitte selbst zu den Schach-Treffen kommen und bei der Gelegenheit gleich noch ein Turnier leiten. Gerstetter sagte zu.
Genoss auch nach der unfreiwilligen Auflösung des Schachklubs im April 1945 und seinem anschließenden Entnazifizierungsverfahren das Vertrauen vieler früherer Mitglieder: das langjährige Vereinsoberhaupt Christian Gerstetter (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Es dauerte nicht lange, da war der frühere Vereinschef wieder in seinem Element. Noch bevor das geplante Turnier begann, schlug er den Schachfreunden des „Weinhaus Schirmer“ ein Treffen am 13.01.1949 vor. Zentrales Thema der Zusammenkunft: die Neugründung des SK Starnberg! Insgesamt 15 gründungswillige Schachenthusiasten folgten Gerstetters Aufruf und nahmen an der Besprechung teil. Sie stimmten einstimmig dafür, den alten Verein wieder aufleben zu lassen. Die Neugründung sollte in einer Generalversammlung am 31.03.1949 vollzogen werden. Mit der Vorbereitung der Versammlung wurde Georg Biberthaler betraut, der bei dem Treffen zum Interim-Geschäftsführer gewählt wurde. Zwar hätten die Schachfreunde am liebsten Gerstetter auf diesem Posten gesehen, der lehnte aus persönlichen Gründen aber ab. Er erklärte sich jedoch bereit, das anstehende Turnier zu leiten. Es sollte bereits am 20.02.1949 beginnen und über zehn Runden nach Schweizer System gespielt werden. Der Turniersieger sollte den Klubmeistertitel erhalten, sofern er dem neu gegründeten Verein beitrete.
Grundsteinlegung für die Neugründung des SK Starnberg: Auszug aus dem Protokoll zur Besprechung vom 13.01.1949 (li.) und Übersicht der Neuanmeldungen für eine Mitgliedschaft bis zum 31.01.1949 (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
An dem vorgezogenen Klubturnier nahmen stattliche 22 Spieler teil. Das Ratstüberl im „Weinhaus Schirmer“, in dem alle Partien gespielt wurden, kam damit sichtlich an seine Belastungsgrenzen. An einen neuen Namen als Klubmeister musste man sich aber nicht gewöhnen. Rekordsieger Gerstetter gewann den Wettbewerb mit neun Punkten aus 10 Partien – sein insgesamt zwölfter Triumph bei einer Starnberger Vereinsmeisterschaft!
Auch bei der Starnberger Klubmeisterschaft 1949, die nach drei Jahren Pause erstmals wieder stattfand, triumphierte der Rekordsieger: Gerstetter gewann das Turnier zum zwölften Mal (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Wiedergegründeter Verein mit ehemaligem Vorsitzenden, ehemaligem Spiellokal & neuem Ehrenmitglied
Zur Premierenversammlung des „neuen“ SK Starnberg am 31.03.1949 fanden sich 22 Schachfreunde im Ratstüberl des „Weinhaus Schirmer“ ein. Zudem lagen 30 Anträge für eine Mitgliedschaft in dem wiedergegründeten Klub vor. Bei der Frage nach der Vereinsführung waren sich die Sitzungsteilnehmer schnell einig. Mit 20:2 Stimmen wählten sie Ex-Kluboberhaupt Christian Gerstetter erneut zum 1. Vorsitzenden. Sein Stellvertreter wurde der bisherige Interims-Geschäftsführer Georg Biberthaler. Er hatte Gerstetter bereits von 1936 bis 1944 als Vizechef unterstützt. Entgegen der damaligen Zeit galt für den Klub zudem nicht mehr das von der NSDAP propagierte Führerprinzip. Die Generalversammlung wählte daher nicht nur den Vereinsleiter, sondern – wie vor dem Jahr 1933 – alle Mitglieder des Vorstands. Die komplette Vereinsführung sah wie folgt aus:
Vorstand: Christian Gerstetter (1. Vorsitzender) Georg Biberthaler (2. Vorsitzender) Josef Huber (Kassier) Alfons Schreindorfer (Schriftführer) Wilhelm Nägle (Schachwart)
Ferner wurde Theo Gastel zum Problemwart ernannt.
Der alte und neue Vereinschef umrahmt von zwei treuen Helfern: Christian Gerstetter (Mitte) mit Georg Biberthaler (2. Vorsitzender/links) und Schriftführer Wilhelm Nägle (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Aufnahme stammt aus dem Jahr 1960).
Da mit dem Ende des NS-Regimes auch der nationalsozialistische Großdeutsche Schachbund (GSB) nicht mehr existierte, verlor zudem die dem Verein am 27.03.1939 verordnete Einheitssatzung des GSB ihre Gültigkeit. Die Mitglieder legten daher fest, dass für den Schachklub die vorherigen Vereinssatzungen wieder wirksam werden sollten. Überhaupt war man sich einig, dass der wiedergegründete Verein keine wirklich neue Organisation darstellte, sondern vielmehr eine Weiterführung des am 30.04.1945 notgedrungen aufgelösten SK Starnberg. Die Periode zwischen der damaligen Auflösung und der nun erfolgten Neugründung sollte nach Willen der Mitglieder auch als Vereinsjahre zählen, da man – wenn auch inoffiziell und ohne Veranstaltungen – die Pflege des Schachspiels im „Weinhaus Schirmer“ konstant fortgesetzt habe.
Für die Mitglieder des wiedergegründeten Klubs ergaben sich dennoch einige Änderungen im Vergleich zum alten Verein, zum Beispiel beim Mitgliedsbeitrag. Die Versammlung einigte sich auf eine jährliche Abgabe von 6,- D-Mark und eine Eintrittsgebühr von 2,- D-Mark pro Spieler. Zudem sollte jedes Mitglied für zwei Jahre eine Sonderumlage von jährlich 4,- D-Mark für den Kauf von neuem Spielmaterial entrichten. Denn obwohl Max Niedermaier nach der amerikanischen Besetzung des ehemaligen Spiellokals, dem „Gasthof zur Eisenbahn“, im Mai 1945 mit einem tollkühnen Einbruch elf Figurensätze sowie mehrere Bretter und Schachuhren retten konnte, hatte der Verein Bedarf nach weiteren Spielgarnituren – besonders im Hinblick auf die gewünschte Wiederaufnahme von Mannschaftskämpfen und großen Turnieren.
Niedermaier selbst wurde bei der Generalversammlung zum Ehrenmitglied ernannt. Die Vereinsmitglieder honorierten damit nicht nur sein selbstloses Eindringen in den besetzten „Gasthof zur Eisenbahn“. Sie zollten ihm gleichzeitig Respekt für seine bis dato 15-jährige Mitgliedschaft und die aktive Teilnahme am Klubleben trotz der weiten Entfernung zwischen Niedermaiers Wohnung in Oberberg und den Starnberger Spiellokalen.
Bemerkenswert an Niedermaiers Auszeichnung war indes der Umstand, dass Vereinsoberhaupt Gerstetter ihn dafür vorgeschlagen hatte. Offenbar hatte er seinem Klubkollegen verziehen, dass sich dieser im August 1946 weigerte, Gerstetter in dessen Entnazifizierungsverfahren mit einem vorgefertigten Entlastungsschreiben zu unterstützen (siehe Kapitel 2). Die noble Geste des 1. Vorsitzenden war daher ein willkommenes Signal, dass der Schachklub die politischen Wirren der Vergangenheit hinter sich lassen und einen sportlichen Neuanfang wagen wollte!
Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Generalversammlung des Vereins vom 31.03.1949 zur Vergabe der Ehrenmitgliedschaft an Max Niedermaier auf Vorschlag Christian Gerstetters (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Georg Biberthaler).
Der Neuanfang sollte aus Platzmangel aber nicht im „Weinhaus Schirmer“, sondern in einem anderen Spiellokal stattfinden. In der Generalversammlung debattierten die Mitglieder über einen Umzug in den „Bayerischen Hof“ oder ins „Hotel Seehof“. Mit 14:5 Stimmen fiel die Wahl klar auf das ehemalige Spiellokal von Miteigentümer und Vereinsmitglied Adolf Hirt. Das Hotel war nach zwischenzeitlicher Enteignung durch das NS-Regime nach Kriegsende wieder in die Hände der Familie Hirt gefallen. Diese nahm den Verein – wie bereits von 1930 bis 1942 – anstandslos wieder bei sich auf. Als Dank für seine groß Gastfreundschaft sollte Hirt im September 1954 die Ehrenmitgliedschaft des SK Starnberg erhalten.
Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Generalversammlung des Vereins vom 31.03.1949 zum Wechsel des Spiellokals (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Georg Biberthaler).
Zahlreiche Ex-Mitglieder lehnen Neueintritt ab – trotzdem Wiederanmeldung beim Obb. Schachverband
Dass der wiedergegründete SK Starnberg sprichwörtlich ein anderes Gesicht als der alte Verein haben würde, wurde dem Klubvorstand trotz der bei der Generalversammlung gezeigten Aufbruchstimmung schnell klar. Denn von den ehemals 42 Mitgliedern, die zum Zeitpunkt der Vertreibung aus dem „Gasthof zur Eisenbahn“ im April 1945 beim SK Starnberg registriert waren, äußerten bis zur Generalversammlung lediglich 15 Spieler den Wunsch, ihre Mitgliedschaft zu „erneuern“. Daran änderte auch ein im Sommer 1950 von Gerstetter und Biberthaler verfasstes Rundschreiben an die ehemaligen Vereinsmitstreiter nichts. Das Schreiben verpuffte nahezu ohne Widerhall.
War besonders bei ehemaligen Vereinsmitgliedern weniger begehrt als erwartet: eine Mitgliedskarte für den 1949 wiedergegründeten Schachklub Starnberg, im Bild ausgestellt auf Erich Haßler (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Mit seinen 30 Anhängern, die zum Zeitpunkt der Generalversammlung als Mitglieder registriert waren, besaß der Verein dennoch genug Akteure um wieder Mannschaftskämpfe bestreiten zu können. Daher meldete der damalige Interims-Geschäftsführer Georg Biberthaler den SK Starnberg bereits am 20.01.1949 beim Oberbayerischen Schachbund für den Spielbetrieb an. Obwohl der Klub in dem Jahr noch an keinen Bezirks- oder Verbandskämpfen teilnahm, war er dennoch wieder auf der schachlichen Landkarte vertreten!
Erste Wettkämpfe nach der Neugründung – Freundschaftsvergleiche mit Possenhofen, Weilheim & Gauting
Dass der Verein in seinem Neugründungsjahr keine Ligamatches bestritt, bedeutete zudem nicht, dass er komplett auf Vergleichskämpfe verzichtete. Ganz im Gegenteil: noch vor der Generalversammlung im März 1949 startete der Schachklub mit der ersten von insgesamt drei Begegnungen gegen die „Versehrten Possenhofen“. Die Ergebnisse waren wie folgt:
13.02.1949 in Possenhofen: Versehrte Possenhofen – SK Starnberg 8:8 24.04.1949 in Starnberg: SK Starnberg – Versehrte Possenhofen 13,5:6,5 26.05.1949 in Possenhofen: Versehrte Possenhofen – SK Starnberg 8:9
Es folgten zwei Vergleichskämpfe gegen die Weilheimer Schachfreunde, wobei besonders das erste Match am 24.07.1949 in Starnberg einen kuriosen Verlauf nahm. Hatten die Gäste ursprünglich zugesagt mit 18 Spielern anzutreten, kamen sie schließlich nur mit neun Mann zum Starnberger Spiellokal im Hotel „Seehof“. Damit von den vollzähligen Gastgebern nicht die Hälfte wieder nach Hause geschickt werden musste, erklärte sich der Weilheimer Spitzenspieler, Herr Kunerth bereit, ein Simultan gegen zehn Starnberger Spieler auszutragen. Parallel konnte so noch ein Vergleichskampf an acht Brettern gespielt werden, den die Seestädter mit 6:2 für sich entschieden. Bei den Simultanpartien zeigte hingegen Herr Kunerth seine Klasse und erzielt ein Ergebnis von 9:1. Beim Rückkampf am 25.09.1949 in Weilheim brachten die Gastgeber dann deutlich mehr Spieler an die Bretter und es verlief alles nach Plan. Starnberg gewann 15,5:6,5.
Zu einer Premiere kam es am 20.11.1949 in Gauting – zum ersten Mal trat der SK Starnberg gegen eine Auswahl aus dem Würmtal an, in diesem Fall gegen die Schachfreunde vom JRO Sanatorium Gauting. Die Gastgeber verteilten indes keine Geschenke und gewannen 9,5:8,5. Die Seestädter konnten aber am 22.01.1950 erfolgreich Revanche nehmen und triumphierten ihrerseits 11:7. Für den Umstand, dass auch die zweite Begegnung in Gauting stattfand, wurden die Seestädter mit feiner Bewirtung inklusive Kaffee, Kuchen und belegten Broten mehr als ausreichend entschädigt. Es war zwar der letzte Vergleich mit dem JRO Sanatorium Gauting, es sollten aber zahlreiche Begegnungen mit dem SK Gauting folgen.
Müller macht’s möglich – 3. Platz bei Bezirksmeisterschaft und Pokalsieg in Fürstenfeldbruck
Die nächsten Wettkämpfe spielte der Verein im Rahmen der Mannschafts-Meisterschaft des Schachbezirks Zugspitze 1950 – es war gleichzeitig der erste Wettbewerb, an dem der SK Starnberg nach der Wiedergründung teilnahm. Der Modus sah zunächst drei Doppelrunden in Weilheim vor sowie im Anschluss je ein Match in Starnberg und eine Begegnung in Herrsching. Die Seestädter erzielten dabei folgende Resultate:
26.02.1950 in Weilheim: SK Starnberg – Weilheim 2:6 SK Starnberg – Mittenwald 6:2
12.03.1950 in Weilheim: SK Starnberg – Schongau 6,5:1,5 SK Starnberg – Peiting 6:2
26.03.1950 in Weilheim: SK Starnberg – Peißenberg 4:4 SK Starnberg – Garmisch 4,5:3,5
23.04.1950 in Starnberg: SK Starnberg – Murnau 5,5:2,5
07.04.1950 in Herrsching: SK Starnberg – Herrsching 8,5:6,5
Punktereicher Starnberger Neuzugang in der Saison 1949/50: der ehemalige Kieler Meister Hansgeorg Müller startete im ersten Wettbewerb für seinen neuen Verein gleich am Spitzenbrett und holte 100% der möglichen Punkte (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Für die Starnberger Denksportler bedeuteten ihre sechs Siege und ein Remis den Bronzerang hinter Bezirksmeister Peißenberg und Vizemeister Weilheim. Zudem waren sie das einzige Team, das Peißenberg einen Punkt abtrotzen konnte. Wesentlichen Anteil am guten Ergebnis der Seestädter hatte Hansgeorg Müller. Der ehemalige Kieler Meister hatte sich dem SK Starnberg in der Saison 1949/50 angeschlossen und wurde bei der Bezirksmeisterschaft gleich am Spitzenbrett eingesetzt. Für Müller kein Problem – aus drei Partien holte er nicht weniger als drei Punkte!
Es „müllerte“ wenige Monate später auch bei einem Pokalturnier im Rahmen des Fürstenfeldbrucker Volksfestes. An der Veranstaltung nahmen neben den Brucker Schachfreunden Teams aus Dachau, Landsberg und Starnberg teil. Die SKS-Akteure besiegten am 09.07.1950 im „Halbfinale“ die Hausherren mit 5:3, um sich schließlich am 16.07.1950 ebenfalls mit einem 5:3-Erfolg gegen Finalgegner Dachau den Pokal zu sichern.
Nullungsfiasko & Todesfall bei der Klubmeisterschaft 1949/50 sowie ein Sommerturnier ins Nirgendwo
So gut es für den Verein bei seinen Mannschaftskämpfen lief, so schwierig gestaltete sich in der Saison 1949/50 die Durchführung von Turnieren. Verlief noch die vor der Neugründung gestartete Klubmeisterschaft im Jahr 1949 ohne Probleme, so hagelte es beim Folgeturnier nicht weniger als 37 Nullungen! Hauptgrund für das Desaster war der mehrheitliche Wunsch der 26 Teilnehmer, in einer einzigen Gruppe im Modus Jeder-gegen-Jeden zu spielen. Der Entschluss erinnerte an die fatale Entscheidung aus der Saison 1921/22, das damalige Klubturnier mit 24 Spielern ebenfalls im Modus Jeden-gegen-Jeden auszutragen und das Ganze doppelrundig! Das Turnier wurde seinerzeit abgebrochen (siehe Kapitel 1). Soweit kam es diesmal nicht, dennoch führten die Rücktritte von fünf Spielern zu chaotischen Zuständen. Zudem erkrankte Turnierteilnehmer und Vorstandsmitglied Alfons Schreindorfer so schwer, dass er noch während der Meisterschaft verstarb. Sieger des Unglücksturniers wurde einmal mehr Vereinsleiter Gerstetter. Er wies am Ende die meisten Punkte als auch den höchsten Gewinn-Prozentsatz aller Teilnehmer auf.
Schlusstabelle der unglücklich verlaufenen Klubmeisterschaft 1949/50 mit 37 Nullungen und einem Todesfall (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Direkt im Anschluss an das Klubturnier startete ein Sommerturnier mit 21 Teilnehmern. Doch auch dieser Wettbewerb stand unter keinem guten Stern. Er wurde schließlich ohne Sieger beendet. Nach Meinung von Gerstetter hätte dieses Turnier ebenfalls in einem anderen Modus ausgetragen werden müssen.
Es ist schwer zu sagen wer für die Planungsfehler bei den Vereinsturnieren verantwortlich war. Aufschlussreich ist aber, dass bei der Generalversammlung am 25.05.1950 erstmals seit der Neugründung des Vereins ein dreiköpfiger Spielausschuss gewählt wurde. Die komplette Vereinsführung sah nach den Wahlen wie folgt aus:
Vorstand: Christian Gerstetter (1. Vorsitzender) Georg Biberthaler (2. Vorsitzender) Johann Fackler (Kassier) Wilhelm Nägle (stellvertretender Kassier / Schriftführer) Herr Körner (stellvertretender Schriftführer) Erwin Stanko (Schachwart)
Spielausschuss: Christian Gerstetter (Vorsitzender) Dr. Zoellner Hansgeorg Müller
GM Unzicker, drei Pokalturniere und eine hochkomplizierte Klubmeisterschaft zum 30-jährigen Bestehen
Die Saison 1950/51 stand ganz im Zeichen der Jubiläumsfeier zum 30-jährigen Vereinsbestehen. Da die Mitglieder im Rahmen der Neugründung beschlossen hatten, auch die vereinslose Zeit zwischen April 1945 und Januar 1949 als „Klubjahre“ zu zählen, war klar, dass der 01.09.1950 den 30. Geburtstag des SK Starnberg markierte. Im Mai 1950 hatte sich die Generalversammlung des Vereins auf mehrere zentrale Veranstaltungen in der Jubiläumssaison geeinigt: ein Simultanwettkampf mit einem deutschen Spitzenspieler (Wolfgang Unzicker oder Efim Bogoljubow), ein Jubiläums-Klubturnier sowie zwei parallel durchgeführte Pokalturniere, an denen je ein Starnberger Team und mehrere Gastmannschaften teilnehmen sollten. Um die Veranstaltungen zu finanzieren, wurden die Mitglieder bereits ab 1949 gebeten, eine jährliche Sonderumlage in Höhe von vier D-Mark zu entrichten. Daneben erhielt der Verein von der Stadt Starnberg nach einem Gesuch vom 23.06.1950 einen Zuschuss in Höhe von 50 D-Mark.
Für die Simultanveranstaltung am 19.11.1950 sagte schließlich der Internationale Meister und amtierende Deutsche Einzelmeister Unzicker zu. Hatte er beim Bayerischen Schachkongress 1942 in Starnberg als damals 16-Jähriger noch seinen ersten bayerischen Meistertitel geholt, so gab er sich nun als frischgebackener Gewinner der Bronzemedaille mit der deutschen Nationalmannschaft bei der Schacholympiade 1950 in Dubrovnik die Ehre. Bei diesem Turnier erzielte er mit 11 Punkten aus 15 Partien das prozentuale beste Ergebnis aller Spieler an Brett 1 – gleichauf mit dem famosen Argentinier Miguel Najdorf sowie vor den Schach-Legenden Samuel Reshevsky (USA; 8,5/11) und Szetozar Gligoric (Jugoslawien; 11/15). Auch in Starnberg zeigte Unzicker seine herausragende Spielstärke: an 38 Brettern gewann er 36 Partien, gab eine Begegnung remis und musste sich nur dem Starnberger Clemens Kainzbauer geschlagen geben! Der Verein gewann durch die Veranstaltung mit seinem prominenten Gast enorm an Popularität. Dass die Mitgliederzahl in der Saison 1950/51 im Vergleich zum Vorjahr von 36 auf 45 stieg, machte der SC-Vorsitzende Gerstetter unter anderem an dem sehr gut nachgefragten Simultanauftritt Unzickers fest.
Zeigte wie bereits beim Bayer. Schachkongress 1942 auch bei seinem nächsten Besuch in Starnberg, einer Simultanvorstellung am 19.11.1950, sein enormes schachliches Können: der deutsche Spitzen-Großmeister Wolfgang Unzicker (Bildquelle: Deutsche Fotothek).
Der Teufel steckt in der Klubmeisterschaft – erneut!
Weitaus weniger harmonisch als die Simultanveranstaltung Unzickers verlief das Jubiläums-Klubturnier, das von 04.10.1950 bis 28.03.1951 stattfand. Wie bereits bei der desaströsen Vorjahresmeisterschaft sorgte auch diesmal der Turniermodus für Kontroversen. Man verzichtete zwar auf das ausufernde Spielmodell Jeder-gegen-Jeden, doch der neue Modus sorgte für eine kaum zu überbietende Komplexität: so sollten die 28 Turnierteilnehmer zunächst in fünf Gruppen á fünf bzw. sechs Spieler doppelrundig gegeneinander antreten. Die Gruppenersten und -zweiten kamen direkt ins Entscheidungsturnier I, während die Gruppendritten und -vierten in einer Zwischenrunde im K.o.-System weiterspielen sollten. Dort konnten sich fünf weitere Akteure für das Entscheidungsturnier I qualifizieren, während die übrigen fünf Spieler ins Entscheidungsturnier II rutschten. Dorthin gelangten auch alle Teilnehmer, die in ihren Gruppen den fünften oder sechsten Platz belegten hatten. Die Entscheidungsturniere sollten dann nochmal in unterschiedlicher Form stattfinden: während das Entscheidungsturnier I im Schweizer System gespielt werden sollte, sah das Entscheidungsturnier II den Modus Jeder-gegen-Jeden vor.
Als ob dieses Prozedere nicht schon kompliziert genug gewesen wäre, trat ein Spieler vor Turnierbeginn zurück, sechs weitere Rücktritte folgten während des Turniers. Da zudem einzelne Akteure unabhängig von ihrer Platzierung in den Gruppen klare Präferenzen für eines der beiden Entscheidungsturniere hatten, musste die Turnierleitung bei der Bestimmung der Begegnungen in der Zwischenrunde als auch bei der Zuteilung der Teilnehmer in die jeweiligen Entscheidungsturniere mehr improvisieren als ihr lieb war. Trotzdem gelang es am Ende das Entscheidungsturnier I mit den gewünschten 15 Teilnehmern zu bestreiten. Nach den regulären elf Runden lagen dort Clemens Kainzbauer, Herr Schummer und Christian Gerstetter mit jeweils 6,5 Zählern an der Spitze. Sie mussten im Anschluss vier Stichkampfrunden austragen, bis der Sieger des Jubiläums-Klubturniers feststand. Er hieß erneut Gerstetter, der damit seinen 14. Klubmeister-Titel einheimste. Überraschender Weise sollte es sein letzter Titelgewinn bleiben. Im Entscheidungsturnier II setzte sich schließlich Rudolf Lugert mit 7,5 Punkten aus 9 Partien vor Wilhelm Nägle und Erich Haßler (jeweils 6,5) durch. Der Spielmodus der Jubiläums-Klubmeisterschaft sollte allerdings bei keinem weiteren Vereinsturnier mehr angewendet werden!
Die Sieger der Klubmeisterschaft 1950/51: Vereinsvorsitzender Gerstetter (rechts, mit Schachkiebitz Erwin Stanko) heimste im Entscheidungsturnier I seinen 14. Klubmeister-Titel ein, während Rudolf Lugert das Entscheidungsturnier II gewann.
Spiel es wie in 1931 – Starnberg gewinnt bei den Mannschaftsjubiläumsturnieren den Haupt- und Trostpreis
Ein erfrischend einfacher Modus wurde hingegen bei den parallel ausgetragenen Pokalturnieren angewendet, die jeweils am 08.04.1951 in Starnberg stattfanden. Beide Wettbewerbe sollten – analog dem Pokalturnier zum 30-jährigen Bestehen im Jahr 1931 – mit jeweils vier Mannschaften im K.o.-System gespielt werden. Da die bereits eingeladenen Schachfreunde aus Unterpfaffenhofen aber kurzfristig absagten und kein Ersatzteam aufgetrieben werden konnte, musste das Turnier mit nur drei Teams stattfinden. Erfreulich war dagegen die erneute Teilnahme des Damenschachklubs München. Die Damen hatten mit ihrem Kommen bereits das Jubiläums-Pokalturnier 1931 bereichert. Für die beiden Pokalturniere ergaben sich damit folgende Paarungen:
Pokalturnier I: Pokalturnier II: SK Starnberg I – Dachau SK Starnberg II – Gauting Damenschachklub München – Fürstenfeldbruck Freilos Herrsching
Im Pokalturnier I gewannen die Starnberger ihr Halbfinale mit 7:3 und konnten sich in einem spannenden Endspiel gegen die Schachfreunde Fürstenfeldbruck mit 5,5:4,5 durchsetzen. Sie gewannen damit – wie 20 Jahre zuvor – den Jubiläumspokal, der Trostpreis für den 3. Platz ging an Dachau. Im Pokalturnier II endete das Starnberg-Gautinger Duell unentschieden (5:5), die Würmtaler zogen aufgrund der besseren Brettwertung aber ins Finale ein. Dort bezwangen sie Herrsching mit 6,5:3,5 und wurden ihrerseits Pokalsieger, für Starnberg II blieb zumindest der Trostpreis. Wie bereits zum 10-jährigen Vereinsjubiläum fand die Siegerehrung für die Pokalturniere im Rahmen einer feucht-fröhlichen Abschlussfeier – diesmal sogar mit Live-Musik – statt.
Neuer Wanderpokal dank Nobelpreisträger & Bundesverdienstkreuzträger Geheimrat Prof. Heinrich Wieland
Obwohl es von der Vereinsführung nicht eingeplant war, fand direkt im Anschluss an die Jubiläums-Feierlichkeiten ein weiteres Pokalturnier zu Ehren des 30-jährigen Vereinsbestehens statt. Geheimrat Prof. Heinrich Otto Wieland, der dem Verein im Jahr 1942 beigetreten war, hatte dem Klub ein wertvolles silbernes Likör-Service geschenkt. Dieses sollte ab sofort als Wanderpreis ausgespielt werden. Zu Ehren seines Stifters wurde die Veranstaltung „Heinrich Wieland-Wanderpreistournier“ getauft. An der Erstauflage des Wettbewerbs nahmen 22 Spieler teil. Den Turniersieg sicherte sich Dr. Alois Thurmayr, der dem Verein erst in der laufenden Saison beigetreten war. Es sollte bei weitem nicht sein letzter Triumph bei einem Klubturnier gewesen sein.
Ein neuer Pokalwettbewerb und ein neuer Sieger: Dr. Alois Thurmayr gewann die Premiere des Heinrich Wieland-Wanderpreistourniers im Jahr 1951 ungeschlagen mit 8,5 Punkten aus 10 Runden (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Der Schachklub dankt seinem noblen Spender – Prof. Wieland erhält am 75. Geburtstag die Ehrenmitgliedschaft
Wieland hingegen erhielt zu seinem 75. Geburtstag am 4.06.1952 die Ehrenmitgliedschaft des SK Starnberg. Es war keineswegs die einzige Auszeichnung für den gebürtigen Pforzheimer, in dessen Heimatstadt die Heinrich-Wieland-Allee und die Heinrich-Wieland-Schule seinen Namen tragen. Wieland zählte zu den bedeutendsten deutschen Chemieprofessoren. Für seine Forschungen zur Strukturermittlung der Gallensäuren und verwandter Substanzen gewann er im Jahr 1927 den Nobelpreis. Im Jahr 1952 ernannte ihn der Orden „Pour la Merité“ zum Ritter der Friedensklasse, zudem erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz. Die Gesellschaft Deutscher Chemiker ehrte ihn 1955 mit dem renommierten Otto-Hahn-Preis für Chemie und Physik. Daneben war Wieland Ehrendoktor der Universitäten Freiburg und Athen sowie Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Einrichtungen wie der Royal Society London und der National Academy of Science Washington. Ferner wird seit 1964 jedes Jahr der Heinrich-Wieland-Preis für besondere chemische und physiologische Leistungen vergeben – zunächst vom Margarine-Institut, heute von der Böhringer Ingelheim Stiftung.
Nobelpreisgewinner, Widerstandskämpfer und Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes: Geheimrat Prof. Heinrich Wieland, seit 1942 Mitglied im SK Starnberg und zu seinem 75. Geburtstag mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet (Bildquelle: https://commons.wikimedia.org).
Neben seinen zahlreichen beruflichen Ehrungen war Wieland ein bedeutender Gegner des NS-Regimes. Im Jahr 1939 nahm er 25 Studenten, denen als „Halbjuden“ (Kinder von jüdischen und christlichen Eltern) nach Regimevorgaben eine Ausbildung verboten war, in den Arbeitskreis seines Lehrstuhls an der Münchner Universität auf. Unter den Studenten war auch Hans Conrad Leipelt von der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Nachdem mehrere Mitglieder der Gruppe 1943 verhaftet worden waren, organisierte Wieland Rechtsanwälte, Geld und Sachspenden für die Inhaftierten. Als es 1944 gegen Leipelt zum Prozess vor dem Volksgerichtshof Donauwörth kam, reiste der damals seh- und gehbehinderte Wieland persönlich an und sagte als Entlastungszeuge aus. Er konnte Leipolds Todesurteil durch Enthauptung aber nicht verhindern. Auch Hildegard Hamm-Brücher, spätere Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und Widerstandskämpferin Mirjam David gewährte der mehrfach denunzierte Wieland Schutz vor der Gestapo. Seit dem Jahr 2000 steht eine Büste Wielands in der Münchner Ruhmeshalle.
Auch dem SK Starnberg ließ Wieland seine große Hilfsbereitschaft zukommen. Neben der Stiftung des nach ihm benannten Wanderpreises machte er dem Klub mehrfach Sach- und Geldgeschenke – oft auch ohne dass er dafür namentlich genannt werden wollte. Zudem beriet er Klubchef Gerstetter regelmäßig bei Vereinsangelegenheiten, obwohl er offiziell kein Amt im Verein innehatte. Wieland nahm zudem bis ins hohe Alter an Vereinsturnieren und Mannschaftskämpfen teil. Als er wegen seiner gesundheitlichen Beschwerden nicht mehr ins Vereinslokal kommen konnte, lud er Spielpartner in seine Starnberger Wohnung ein. Er bot seinen Gästen zur Partie dann nicht selten Wein und Zigarre an – für viele Beteiligten ein unvergessenes Erlebnis.
Erfolge auf Zugspitzebene & ein glattes Dutzend gegen Herrsching
Natürlich wurde in der Saison 1950/51 neben den Starnberger Jubiläumsveranstaltungen auch noch Schach gespielt – und für den Verein gab es auf Zugspitz-Ebene ebenfalls Grund zum Feiern. Bei der Bezirks-Einzelmeisterschaft von 22.03-24.03.1951 belegte Starnbergs Spitzenspieler Hansgeorg Müller mit fünf Punkten aus sechs Partien einen ausgezeichneten 2. Platz. Damit qualifizierte er sich für die oberbayerische Meisterschaft. An diesem Turnier konnte er aus Urlaubsgründen aber nicht teilnehmen.
Auch das Herrenteam des Klubs war erfolgreich. In einem Freundschaftskampf am 22.10.1950 in Starnberg fertigte man zunächst die Herrschinger Schachfreunde mit 12:0 ab. Am 7.01.1951 traten die SKS-Akteure dann im Rahmen der Zugspitz-Mannschaftsmeisterschaft für einen Doppelwettkampf in Herrsching an. Dort sicherten sie sich nach Erfolgen über den Gastgeberverein (5:3) und Unterpfaffenhofen (8:0) Platz 1 in der Sektion „Seegruppe“. Zudem waren sie berechtigt, am 20.05.1951 in Weilheim gegen „Lechgruppen-Sieger“ Peißenberg und „Alpengruppen-Sieger“ Garmisch anzutreten. Von beiden Teams trennte man sich 4:4. Da sich Garmisch aber mit 4,5:3,5 gegen Peißenberg durchsetzen konnte, wurden Erstere Zugspitz-Mannschaftsmeister 1951. Starnberg musste mit dem Vizerang Vorlieb nehmen.
Erster Zugspitz-Mannschaftsmeistertitel in der Saison 1951/52 – Achtungserfolge gegen starke Münchner Teams
Diesen kleinen Makel konnte die Mannschaft aber bereits in der Folgesaison ausgleichen. Zunächst sicherte man sich mit fünf (meist klaren) Siegen am Stück erneut den Spitzenrang in der Sektion „Seegruppe“ des Schachbezirks Zuspitze. Die Ergebnisse im Einzelnen:
19.02.1952 in Herrsching: SK Starnberg – Herrsching 7,5:0,5
12.03.1952 in Unterpfaffenhofen: SK Starnberg – Unterpfaffenhofen 7:1 SK Starnberg – Gilching 7,5:0,5
26.03.1952 in Starnberg: SK Starnberg – Penzberg 4,5:3,5 SK Starnberg – Gauting 6:2
Es folgte am 11.05.1952 ein Auswärtskampf gegen „Lechgruppen-Sieger“ Peißenberg, den die Seestädter mit 5:3 gewinnen konnten. Ein abschließendes 4:4-Unentschieden am 18.05.1952 im Heimspiel gegen „Alpengruppen-Sieger“ Murnau bescherte dem Verein dann seinen ersten Zugspitzbezirks-Mannschaftstitel! Rund einen Monat später ging es auf oberbayerischer Ebene weiter. Hier verlor man aber sowohl am 28.06.1952 gegen Ingolstadt (3,5:4,5) als auch am 29.06.1952 gegen den späteren oberbayerischen Mannschaftsmeister Traunstein (2:6). Die Wettkämpfe fanden jeweils in der Grünwalder Sportschule statt.
Gewannen für Starnberg 1951/52 erstmals den Zugspitz-Mannschaftsmeistertitel (v.l.n.r.): Dr. Alois Thurmayr, Prof. Herrmann Schlandt, Erich Haßler, Christian Gerstetter, Helmut Gebhard, Georg Biberthaler, Rudolf Lugert und Wilhelm Nägle (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Aufnahme stammt vom 20.03.1955 nach einem 5:3-Auswärtserfolg in Penzberg).
Erstmals seit der Vereins-Neugründung trat der SK Starnberg ab dem Jahr 1952 auch wieder in Vergleichskämpfen gegen die traditionell starken Münchner Vereine an – mit durchaus achtbaren Ergebnissen. Musste man sich am 18.01.1952 in Starnberg noch den Pasinger Schachfreunden mit 5,5:6,5 geschlagen geben, so trotzten die Seestädter den Gastgebern beim Rückkampf in Pasing am 06.09.1952 ein 7:7-Unentschieden ab. Den Schachfreunden aus Nymphenburg ließ man im Heimspiel am 20.07.1952 bei einem klaren 5:1-Erfolg gar keine Chance.
Ölgemälde als weiterer Wanderpokalpreis & Ableben einer Vereinslegende
Die immer größer werdende Turniervielfalt an den Vereinsabenden zu Beginn der 1950er-Jahre wurde im November 1952 um einen weiteren Wettbewerb erweitert. Ehrenmitglied Max Niedermaier hatte dem Verein ein wertvolles, gerahmtes Ölgemälde einer Gebirgslandschaft gestiftet. Das Gemälde sollte analog dem Likör-Service von Geheimrat Prof. Wieland in einem Wanderpokalturnier ausgespielt werden, welches ebenfalls den Namen seines Spenders tragen sollte. Da aus Termingründen jedes Jahr aber nur ein Wanderpokalturnier im Verein stattfinden konnte, einigte sich die Spielleitung mit Niedermaier und Wieland darauf, ab sofort die Turniere um den Heinrich-Wieland- und den Max-Niedermaier-Wanderpokal im jährlichen Wechsel auszutragen. Erster Sieger des „Max Niedermaier-Wanderpreistourniers“ wurde in der Spielzeit 1952/53 Erich Haßler. Tragischer Weise starb Niedermaier rund ein Jahr nach seiner Vereinsspende am 22.12.1953 im Alter von 80 Jahren. Auf Veranlassung des SKS-Vorsitzenden Gerstetter erschien in der Starnberger Lokalzeitung „Land- und Seebote“ und der Starnberger Regionalausgabe des „Münchner Merkur“ folgender Nachruf:
Nachruf auf Ehrenmitglied und Stifter des nach ihm benannten Wanderpokals: Max Niedermaier (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Die Anfänge des Dähne-Pokals in Starnberg & die beeindruckende Siegesserie des Dr. Thurmayr
Ab der Spielzeit 1952/53 wurde im Verein neben den Wanderpokalturnieren zu Ehren von Heinrich Wieland und Max Niedermaier ein weiterer Pokalwettbewerb ausgetragen. Hierbei war der Urheber aber kein Starnberger, sondern Emil Dähne, Präsident des im Februar 1950 neu gegründeten Deutschen Schachbundes (DSB). Dähne stiftete am 7. Oktober 1951 eine Schachskulptur bestehend aus einem silbernen Turm und einer Bodenplatte als Wanderpreis für ein Turnier, dessen Modus an den Deutschen Fußball-Pokalwettbewerb angelehnt war. Das Turnier wird bis heute jährlich im K.o.-Modus ausgetragen. Teilnehmen kann jeder Spieler, der Mitglied eines beim DSB eingetragenen Vereins ist. In den Turnieranfängen wurde zunächst auf Vereinsebene ein Pokalsieger ermittelt, anschließend auf Bezirks-, oberbayerischer, bayerischer und schließlich auf Bundesebene.
Im Oktober 1951 von DSB-Präsident Emil Dähne als Wanderpreis eines jährlich bundesweit ausgespielten Pokalturniers ausgelobt: der Dähne-Pokal (Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Dähne-Pokal).
Der Sieg bei der ersten Auflage des Dähne-Pokals auf Klubebene ging an Dr. Alois Thurmayr. Er gewann die vereinsinterne Ausscheidung für das Pokalturnier bis zur Saison 1961/62 noch sieben weitere Male und war damit seinerzeit der mit Abstand erfolgreichste SC-Akteur bei diesem Wettbewerb. Überhaupt dominierte Thurmayr die Starnberger Klubturniere von Anfang der 50er-Jahre bis Mitte der 60er-Jahre in erstaunlicher Manier. In der Spielzeit 1957/58 gewann er das „Heinrich Wieland-Wanderpreistournier“ zum vierten Mal. Damit durfte er das von Wieland gestiftete Likör-Service ebenso mit nach Hause nehmen wie ein Jahr später den von Max Niedermaier gespendeten Wanderpokal, den er zum dritten Mal gewann. Womöglich Thurmayrs größte Errungenschaften waren aber seine acht Titelgewinne bei der Starnberger Klubmeisterschaft, die er zwischen den Spielzeiten 1951/52 und 1962/63 einheimste. Er brachte damit das Kunststück fertig, die über Jahrzehnte andauernde Siegesserie von Christian Gerstetter (14 Titelgewinne) bei diesem Wettbewerb zu beenden.
War zwischen Anfang der 50er- und Anfang der 60er-Jahre der dominierende Spieler bei sämtlichen Starnberger Klubturnieren (siehe Siegerlisten rechts): Dr. Alois Thurmayr (im Hintergrund: Klubkollege Erwin Stanko / Bildquellen: Archiv / Website SK Starnberg).
Von der „Jugendschachstunde“ zum Anfängerlehrgang – die schwierigen Anfänge der Starnberger Jugendarbeit
Als Beginn der Starnberger Jugendarbeit muss wohl die so genannte „Jugendschachstunde“ betrachtet werden, die der damalige SKS-Kassier Johann Fackler ab September 1949 in einem von der Stadt Starnberg zur Verfügung gestellten Schulraum anbot. Die Resonanz war durchaus ermutigend: in den ersten Wochen nahmen zahlreiche Jugendliche an dem Schachtraining teil. Doch die Schacheuphorie der Kinder war nicht von Dauer. Knapp vier Monaten nach Eröffnung wurde das Angebot mangels Interesses schon wieder beendet.
Den nächsten Anlauf für ein regelmäßiges Jugendschachangebot unternahm im Oktober 1951 Vereinsleiter Gerstetter persönlich. Nachdem Adolf Hirt, Miteigentümer des Hotels „Seehof“, zugestimmt hatte, das Spiellokal des Vereins samstags von 15-17 Uhr für ein Jugendtraining zur Verfügung zu stellen, schrieb Gerstetter am 07.10.1951 den Direktor der Städtischen Oberschule Starnberg und den zuständigen Stadtrat für die Volkshauptschule Starnberg an. Er bat sie, auf einen Schachlehrgang für Schüler aufmerksam zu machen. Die Herren taten ihm den Gefallen, so dass zum Start des Lehrgangs am 13.10.1951 stattliche 25 Jugendliche im Hotel erschienen. Um sich einen Überblick über die Spielstärke der jungen Schachanhänger zu verschaffen, ließ Gerstetter bereits eine Woche später ein Turnier nach Schweizer System spielen, an dem sogar 31 Jugendliche teilnahmen. Das Turnier sollte über mehrere Wochen ausgetragen werden. Parallel führte Gerstetter einen Anfängerlehrgang mit 15 weiteren Jugendlichen durch. Es lief alles nach Plan, es waren bereits vier Turnierrunden gespielt, als Gerstetter Ende November 1951 erfuhr, dass das Hotel wegen Umbaumaßnahmen samstagnachmittags nicht mehr zur Verfügung stand. Weil auch kein Umzug in ein anderes Domizil möglich war, musste das Schachtraining nach knapp zwei Monaten wieder beendet werden – ein herber Schlag für Gerstetter und den Starnberger Schachnachwuchs!
Forcierte bereits als 1. Vorsitzender den Aufbau einer Starnberger Jugendabteilung und sollte später als Jugendleiter dem Verein zahlreiche spielstarke Nachwuchstalente bescheren: Christian Gerstetter (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Ihr Kinderlein kommet – Gründung der ersten Starnberger Jugendabteilung im Oktober 1953
Es verging fast ein komplettes Jahr, bis das Schachtraining im September 1952 erneut samstags im Hotel „Seehof“ wiederaufgenommen werden konnte. Mit 17 Jugendlichen fiel die Nachfrage deutlich niedriger aus als im Jahr zuvor. Die jungen Schachanhänger nahmen aber alle an einem Turnier teil, zu dem Gerstetter und Geheimrat Prof. Wieland jeweils ein schönes Schachspiel stifteten. Der Wettbewerb konnte diesmal auch zu Ende gespielt werden, wobei bis Turnierende noch fünf Spieler ausschieden. Da nun aber zumindest eine kleine Gruppe an Jugendlichen regelmäßig zum Schachtraining kam, gründete der Verein am 1.10.1953 eine Jugendabteilung. Aufgenommen wurden Kinder ab 12 Jahren, der Jahresbeitrag betrug drei D-Mark – im Vergleich zahlten erwachsene Mitglieder acht D-Mark pro Jahr. Bis Ende September 1954 zählte der Verein fünf Jugendliche, dem standen 45 erwachsene Mitglieder gegenüber.
Ein Anfang war gemacht: mit sieben Jugendlichen startete am 1.10.1953 die erste „Jugendgruppe“ des SK Starnberg, zum Ende der Saison 1953/54 zählte die Sparte noch fünf junge Mitglieder (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Langsam, aber stetig machte die Nachwuchsabteilung Fortschritte. In der Spielzeit 1953/54 fand das zweite Starnberger Jugendturnier mit zwölf Teilnehmern statt. Es wurde auch als erste „Klub-Jugendmeisterschaft“ tituliert. Sieger und damit erster „Klub-Jugendmeister“ wurde Karl Theodor Kriebel. Im Mai 1954 spielten die Schacheleven in Starnberg ihren ersten Mannschaftskampf. An drei Brettern besiegte man das Jugendtrio aus Buchhof mit 2:1. Zwei Jahre später, am 9.6.1956, konnte in Gilching gegen den dortigen Schachnachwuchs bereits an acht Brettern gespielt werden. Starnberg gewann souverän mit 7:1.
Wie die Kinder so die Frauen – Schachklub bekommt im Oktober 1953 auch eine Damenabteilung
Der 1.10.1953 stellte für den Verein in zweifacher Hinsicht eine Zeitenwende dar. Nicht nur erhielt der Klub ein Jugendressort, er gründete parallel auch eine Damenabteilung. Den Anteil der Schach spielenden Frauen im Verein zu erhöhen, stellte für den SK Starnberg – wie für die meisten deutschen Schachvereine – eine Herausforderung dar. Gab es Ende der 20er-Jahre dank der vermehrten gesellschaftlichen Veranstaltungen des Klubs zur damaligen Zeit einen leichten Zuwachs an weiblichen Mitgliedern, so dauerte es nach der Neugründung bis zum 1.10.1952, als sich mit Therese Gottwald erstmals wieder eine Dame dem Schachklub anschloss. Für die älteren Vereinsmitglieder war Gottwald keine Unbekannte: ihr Ehemann Adolf Gottwald, der bei einem Unfall im Jahr 1945 ums Leben kam, hatte im Jahr 1927 das erste im Verein veranstaltete Wanderpreisturnier gewonnen!
Die erste Dame im SK Starnberg seit der Neugründung und ab 22.09.1953 Leiterin der Damenabteilung des Vereins: Therese Gottwald, Witwe von Adolf Gottwald, dem Sieger des ersten Starnberger Wanderpreisturniers im Jahr 1927 (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Die Generalversammlung des Klubs ernannte Gottwald am 23.09.1953 zur Leiterin der Damenschachabteilung. Sie gehörte damit dem Klubvorstand an. Bei der Sitzung beschloss man ferner, dass die Chefin der Damenabteilung nun ausschließlich von den weiblichen Mitgliedern im Verein gewählt und später von der übrigen Vorstandschaft bestätigt werden sollte. Bei der Generalversammlung am 22.09.1954 wurde Gottwald zudem als Beirätin in den Spielausschuss gewählt. Sie übte ihre Ämter gewissenhaft über mehrere Jahre aus. Durchaus bemerkenswert ist, dass sich der Starnberger Mitgliederstand von der Saison 1953/54, als der Schachklub eine Jugend- und eine Damenabteilung gründete, bis zum Ende der Spielzeit 1954/55 von 45 auf 54 erhöhte.
Starnberg nimmt ab der Saison 1952/53 erstmals mit zwei Mannschaften am Spielbetrieb teil
Der Mitgliederzuwachs im Verein war spätestens mit der Gründung der „Verbandsklasse“ des Oberbayerischen Schachverbandes in der Saison 1952/53 dringend notwendig geworden. Dann nämlich nahmen erstmal zwei Starnberger Teams am Spielbetrieb teil. Während Starnberg I in eben jener Verbandsklasse mitwirkte, spielte Starnberg II in der Bezirksklasse Zugspitze. Beide Ligen waren etwa gleich aufgebaut: es gab jeweils zwei Sektionen – in der Verbandsklasse die Gruppen „West“ und „Ost“, in der Bezirksklasse die „Seegruppe“ und die „Alpengruppe“. Die Teams einer Gruppe spielten im Modus Jeder-gegen-Jeden, wobei die jeweiligen Sieger einer Gruppe am Ende den Oberbayerischeren Mannschaftsmeister bzw. den Bezirksliga-Mannschaftsmeister im direkten Duell ermittelten.
In der ersten (und einzigen) Auflage des neuen Wettbewerbs bekam es Starnberg I in der „Verbandsklasse, Gruppe West“ mit den Teams aus Garmisch, Murnau und Ingolstadt zu tun. Gegen Letztere setzte es am 22.03.1953 in Ingolstadt eine derbe 0,5:7,5-Niederlage. Zwar besiegte man am 19.04.1953 in Starnberg sowohl Murnau als auch Garmisch jeweils mit 6:2, es reichte am Ende jedoch nur für Platz 2 in der Gruppe.
Auch Starnberg II erlebte in der „Seegruppe“ der Bezirksklasse Zugspitze eine wechselhafte Saison. Einem 4,5:3,5-Auswärtserfolg am 15.03.1953 in Gilching folgte am 3.04.1953 ein 4:4-Heimremis gegen Herrsching. Der nächste Heimkampf am 29.04.1953 gegen Schorndorf ging glatt mit 2:6 verloren. Einen klaren Sieg feierte man dafür beim 6,5:1,5 in Unterpfaffenhofen. Beim Schlusskampf am 26.04.1953 in Gauting verlor man schließlich mit 2,5:5,5. Mit einer ausgeglichenen Punktebilanz belegte Starnberg II damit den 4. Platz unter sechs Teams in der „Seegruppe“.
Die Verbandsliga wurde jedoch nach nur einer Saison eingestellt, da mehrere Mannschaften aus Kostengründen ihre Teilnahme verweigerten. Beide Starnberger Teams landeten somit ab der Saison 1953/54 wieder in der Bezirksklasse Zugspitze. Da auch viele weitere Mannschaften wieder in die Bezirksklasse rutschten, wurde diese in eine A-Klasse (in der Starnbergs Erste landete) und eine B-Klasse (hier spielte Starnbergs Zweite) aufgeteilt. Der Sieger der B-Klasse durfte im nächsten Jahr in der A-Klasse spielen, für den Sieger der A-Klasse wurde ein Wanderpreis ausgelobt.
Starnberg mit „schönstem Bezirkskongress“ zurück in der Turnierszene – Dr. Thurmayr erstmals Bezirksmeister
Trotz der vielen Initiativen des SK Starnberg seit der Neugründung haftete dem Verein bis Mitte der 50er-Jahre ein Makel an. Er konnte noch nicht an seine Tradition als Veranstalter eines großen überregionalen Turniers wie den in den Jahren 1938 und 1942 ausgerichteten Bayerischen Schachkongress anknüpfen. Das änderte sich von 15.04-17.04.1954, als auf Initiative von Vereinsleiter Gerstetter die damalige Zugspitz-Einzelmeisterschaft in Starnberg stattfand. Gerstetter nahm sich dabei vor, dem Turnier eine besondere Rolle in der Reihe der Bezirksmeisterschaften zukommen zu lassen. Er kombinierte die Meisterschaft daher mit der Bezirks-Hauptversammlung, die für den letzten Turniertag angesetzt wurde. Zudem gelang es ihm, so viele Zuschüsse und Freiquartiere aufzutreiben, dass jedem auswärtigen Spieler zwei Drittel seiner Gesamtkosten erstattet werden konnte. Das Budget reichte außerdem für die Verpflichtung einer Musikkapelle, die bei der Abschlussfeier knapp eineinhalb Stunden stimmungsvoll aufspielte.
Die Teilnehmer der Zugspitz-Einzelmeisterschaft 1954 in Starnberg mit dem SKS-Vorsitzenden Christian Gerstetter (stehend 4.v.li.), Turniersieger Dr. Alois Thurmayr (stehend 4.v.re.), Erich Haßler (stehend ganz rechts) und Georg Biberthaler (sitzend rechts / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Die Mühen von Gerstetter und seinen Helfern blieben nicht unbeachtet. Herr Moser, Bezirks-Einzelmeister von 1951 aus Peißenberg, nannte die Veranstaltung den „bisher schönsten Bezirkskongress“. Die niedrige Teilnehmerzahl dämpfte die Freude der Veranstalter aber etwas. Statt der gemeldeten 18 Schachfreunde reisten nur zwölf Spieler aus sechs Vereinen an. Aus sportlicher Sicht lief es für die Gastgeber dagegen prächtig: mit Dr. Alois Thurmayr holte sich ein Lokalmatador den Titel! Für den Starnberger Amtsgerichtsrat war es beileibe nicht der einzige regionale Triumph. Im Jahr 1955 gewann er die oberbayerische Ausscheidung um den Dähne-Pokal, ein Jahr später wurde er geteilter oberbayerischer Einzelmeister. Seinen Erfolg als Bezirks-Einzelmeister sollte Dr. Thurmayr in den Jahren 1959 und 1964 wiederholen.
Nicht nur bei Vereinsturnieren erfolgreich: Georg Biberthaler (re.), Vorsitzender des Schachverbandes Oberbayern und Vize-Vorsitzender des SK Starnberg, gratuliert Klubkollege Dr. Alois Thurmayr zum Gewinn der Zugspitz-Einzelmeisterschaft 1954 (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Ende einer Ära – Gerstetter tritt im September 1954 als 1. Vorsitzender ab, „Präsident“ Biberthaler übernimmt
Für Christian Gerstetter war die Zugspitz-Einzelmeisterschaft der letzte große Auftritt als SKS-Vorsitzender. Bei der folgenden Starnberger Generalversammlung am 22.09.1954 stellte er sich für den Posten des Vereinschefs nicht mehr zur Wahl. Neuer 1. Vorsitzender wurde Gerstetters langjähriger Stellvertreter Georg Biberthaler. Eine nahe liegende Wahl: nicht nur hatte der 51-jährige Biberthaler die Geschicke des Klubs vor der Neugründung im März 1949 für mehrere Monate als Interims-Geschäftsführer geleitet, er bekleidete während seiner Zeit als Starnberger Vize-Vorsitzender auch mehrere Funktionen beim Schachverband Oberbayern. Von 1950 bis 1952 war Biberthaler stellvertretender Vorsitzende des Verbands, im März 1952 übernahm er den Vorsitz. Zwei Jahre später stellte er sich allerdings nicht mehr zur Wahl. In seiner Amtszeit als Verbandsvorsitzender wurde er von seinen Starnberger Klubkollegen gelegentlich etwas frotzelnd „Präsident“ genannt. Nach Einschätzung Gerstetters ließ sich Biberthaler das aber gerne gefallen.
Bevorzugte im Gegensatz zu Amtsvorgänger Christian Gerstetter Zigarette statt Zigarre: Georg Biberthaler, 1. Vorsitzender des SK Starnberg von 1954 bis 1971 (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Gerstetter selbst, der mit Ausnahme der Nachkriegsjahre zwischen 1945 und 1949 seit dem 8.10.1925 das Amt des 1. Vorsitzenden im Verein innehatte, zog sich aber nicht komplett aus der Führungsriege zurück. Er gehörte als Jugendleiter weiterhin dem Vorstand an, zudem behielt er seine Funktionen als Spielleiter und Vorsitzender des Spielausschusses. Die komplette Vereinsführung sah nach der Generalversammlung wie folgt aus:
Vorstand: Georg Biberthaler (1. Vorsitzender) Helmut Gebhard (2. Vorsitzender) Wilhelm Nägle (Kassier) Herr Dr. Zoellner (Schriftführer) Franz Diller (Schachwart) Frau Gottwald (Leiterin Frauenabteilung) Christian Gerstetter (Jugendleiter)
Spielausschuss: Christian Gerstetter (Vorsitzender und Spielleiter) Frau Gottwald (Beirätin) Dr. Alois Thurmayr (Beirat) Herr Dr. Zoellner (Beirat) Franz Diller (Beirat)
Goldene Ehrennadeln für Gerstetter, Biberthaler & Dr. Thurmayr
Ob Gerstetter zum Zeitpunkt seiner Demission als Klubvorsitzender eine besondere Ehrung erhielt, ist nicht bekannt. Kurioserweise überreichte ihm aber sein Nachfolger Biberthaler bei der Generalversammlung des Schachbezirks Zugspitze am 04.08.1957 in der Kreisstadt eine Goldene Ehrennadel des Schachverbands Oberbayern. Der neue Chef des SK Starnberg war von Juli 1956 bis August 1957 auch Vorsitzender des Schachbezirks und erhielt bei der Sitzung selbst eine Goldene Ehrennadel. Gerstetter wiederum war seit dem November 1953 im Schachbezirk tätig: zunächst ein Jahr als stellvertretender Spielleiter, anschließend für mehrere Jahre als Schriftführer. Mit Dr. Alois Thurmayr wurde bei der Versammlung ein dritter Starnberger mit der Goldenen Ehrennadel des Schachverbands geehrt.
Erhielten am 04.08.1957 neben Dr. Alois Thurmayr je eine Goldene Ehrennadel des Schachverbands Oberbayern: der neue Starnberger Klubchef Georg Biberthaler (links) und sein Amtsvorgänger Christian Gerstetter (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Aufnahme stammt aus dem Jahr 1960).
Ableben eines außergewöhnlichen Mitglieds & ein Abschied nach Amerika
Der Wechsel an der Vorstandsspitze war in der Spielzeit 1954/55 aber nicht die einzige bedeutende Personalie im SK Starnberg. Während die Vorstandsrochade aber einen Schritt in die Zukunft markierte, ging am 30.12.1954 ein großes Stück Vergangenheit des Vereins verloren. Dann nämlich verstarb das langjährige Mitglied Hans Stöckl. Stöckl war dem Verein im Jahr 1936 beigetreten und nahm seitdem regelmäßig an Mannschaftskämpfen und Klubturnieren teil. Nach der Vereinsauflösung im April 1945 zählte er zum kleinen und erlesenen Kreis von Schachanhängern, die ihrer Leidenschaft im Weinhaus „Schirmer“ weiter frönten. Selbstredend war er auch einer der ersten Mitglieder, die dem neu gegründeten Klub im März 1949 wieder beitraten. Der wegen seines freundlichen und ruhigen Auftretens durchweg beliebte Stöckl spielte noch am 12.12.1954 eine Begegnung für die zweite Herrenmannschaft. Gegen Gilching gewann er an Brett 8 seine letzte offizielle Schachpartie.
Abschied nehmen hieß es für den SK Starnberg auch im Mai 1955 – diesmal glücklicherweise aber nur für einige Jahre. Der damals 25-jährige Erich Haßler hatte sich entschlossen nach Amerika auszuwandern. Trotz seiner jungen Jahre hatte Haßler schon mehrfach im Verein auf sich aufmerksam gemacht. Unter anderem war er es, der Christian Gerstetter im Herbst 1948 zu einem Treffen mit den Schachfreunden im Weinhaus „Schirmer“ und der Ausrichtung eines Turniers überredet hatte – der Rest ist bekannt.
Doch auch schachlich wusste der Bäcker- und Konditormeister zu überzeugen. Bei Klubturnieren war er oft der größte Widersacher von Dr. Alois Thurmayr, der ihn gleichzeitig trainierte. Haßler gewann in der Saison 1951/52 die zweite Auflage des Heinrich Wieland-Wanderpokalturniers und ein Jahr später die Premiere des Max Niedermaier-Wanderpokalturnier. In der Spielzeit 1953/54 entschied er zudem die Vereinsausscheidung um den Dähne-Pokal für sich. Nicht zuletzt war Haßler auch eine wichtige Stütze der ersten Herrenmannschaft Daher ließ es sich der Verein nicht nehmen, am 18.05.1955 eine offizielle Abschiedsfeier mit rund 40 Gästen für ihn zu veranstalten. Womöglich hat auch das dazu beigetragen, dass Haßler bereits wenige Jahre später wieder zum Verein zurückkehrte.
War bis Mitte der 50er-Jahre ein starker Vereinsspieler und eine Stütze der ersten Starnberger Mannschaft, wanderte dann für mehrere Jahre in die USA aus: Erich Haßler (im Vordergrund, in der Bildmitte Ernst Thormann / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Trotz Wegzug von Erich Haßler – Starnberg wird in der Saison 1956/57 erneut Bezirksliga-Mannschaftsmeister
Obwohl der Wegzug von Erich Haßler selbstredend eine Schwächung für die erste Mannschaft des Vereins darstellte, gewann das Team kurioserweise ohne ihn in der Saison 1956/57 – nach dem Erfolg in der Spielzeit 1951/52 – zum zweiten Mal den Mannschaftstitel in der Bezirksliga Zugspitze! Auf dem Weg zum Titel setzte sich die „Erste“ zunächst als Spitzenreiter der Gruppe „Nord“ der A-Klasse gegen Penzberg, Gilching und Gauting durch. Dabei mussten die Seestädter besonders im Heimspiel am 15.01.1956 gegen den Würmtal-Konkurrenten Gauting hart kämpfen, um schließlich mit 4,5:3,5 die Oberhand zu behalten.
Der Sieg in der Gruppe „Nord“ der A-Klasse bedeutete für das Team aber erst die halbe Miete. Denn für den Titel musste man im Anschluss den Sieger der Gruppe „Süd“, die Schachfreunde aus Peißenberg, im direkten Duell bezwingen. Die mit Spannung erwartete Begegnung fand schließlich am 10.03.1957 im Starnberger Hotel „Seehof“ statt und endete mit einem Triumph für die Seestädter!
Viel Spannung im Würmtal-Derby zwischen Starnberg und Gauting (4,5:3,5) am 15.01.1956: Volker Wildt (links, Gauting) duelliert sich mit Paul Cornel. Es kiebitzen (v.l.n.r.): Rudolf Lugert, Christian Gerstetter, N.N., Wilhelm Nägle, Dr. Alois Thurmayr, Clemens Kainzbauer, Helmut Gebhard und Ernst Thormann (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Rauchende Köpfe und Glimmstängel beim Finale der Zugspitz-Mannschaftsmeisterschaft am 10.03.1957 zwischen Starnberg und Peißenberg. Am vorderen Tisch Richtung Kamera sitzend (v.l.n.r.): Rüdiger Potschka (mit Pfeife), Dr. Alois Thurmayr (Brett 1, gegen den blinden Hans Zeitler spielend), Paul Cornel (Brett 2, mit Zigarette), Kurt Ewald (Brett 3) und Clemens Kainzbauer (Brett 4 / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Auch an den hinteren Brettern des Finals gab es für die Kiebitze viel Interessantes zu sehen. Am vorderen Tisch Richtung Kamera sitzend (v.l.n.r.): Wilhelm Nägle (Brett 8), Helmut Gebhard (Brett 7), Rudolf Lugert (Brett 6) und Christian Gerstetter (Brett 5 / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Erfolgsserie der 1. Mannschaft geht auf oberbayerischer Ebene weiter, doch für den Titelgewinn reicht es nicht
Die Erfolge auf Zugspitzebene führte Starnbergs Vorzeigeteam unweigerlich zu einem Kräftemessen mit den besten Mannschaften Oberbayerns. Dieses fand am Wochenende 04./05.05.1957 in der Sportschule Grünwald statt. Neben dem Starnberger Oktett waren die Mannschaften aus Deisenhofen/Oberhaching, Mühldorf und Ingolstadt geladen. Es wurde ein Rundenturnier im Modus Jeder-gegen-Jeden ausgetragen. Dabei zeigten die SKS-Akteure bereits bei ihrem 6:2-Auftekerfolg gegen Deisenhofen, dass sie nicht als Touristen zu der Veranstaltung gekommen waren. Die aufkeimenden Titelhoffnungen im Starnberger Lager wurden allerdings schon in der nächsten Runde jäh zerstört: gegen den späteren Turniersieger Mühldorf I setzte es eine klare 2:6-Niederlage. Die Seestädter zeigten aber Moral und besiegten in der Schlussrunde Ingolstadt I mit 4,5:3,5. Damit sicherte sich das Team die Vize-Meisterschaft.
Zwei Siege, eine Niederlage: die Bilanz der Starnberger „Ersten“ gegen Oberbayern beste Schachteams vom 04./05.05.1957 in der Sportschule Grünwald konnte sich durchaus sehen lassen (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Lohn der Starnberger Wochenendarbeit: der inoffizielle Titel des oberbayerischen Mannschafts-Vizemeisters (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Trauriges Ende der Saison – Tod von Ehrenmitglied & Nobelpreisträger Geheimrat Prof. Heinrich Wieland
Sorgten die Erfolge der 1. Mannschaft während der Spielzeit 1956/57 im ganzen Verein für viel gute Laune, so wich die Freude wenige Monate später der Trauer um das wohl berühmteste Vereinsmitglied. Geheimrat Prof. Heinrich Wieland, Nobelpreisgewinner und Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes, starb am 5.08.1957 im Alter von 80 Jahren. Er gehörte dem SK Starnberg 15 Jahre lang an. Ein Denkmal setzte er sich durch ein von ihm gestiftetes Likör-Service, das zwischen 1951 bis 1958 alle zwei Jahre als „Heinrich Wieland-Wanderpreistournier“ ausgespielt wurde. An seinem 75. Geburtstag am 04.06.1952 wurde er zum Ehrenmitglied des SK Starnberg ernannt. Laut Vereinschef Gerstetter, der einen engen persönlichen Kontakt mit Wieland pflegte, verlor der Verein „einen wahren Freund des Schachspiels und ein prominentes Mitglied“. Auch mehrere überregionalen Medien bedauerten in umfangreichen Nachrufen den Verlust des ebenso berühmten wie bescheidenen Akademikers.
Eine berühmte Persönlichkeit und ein großer Schachfreund tritt ab: die „Süddeutsche Zeitung“ veröffentliche am 5.08.1957 einen Nachruf auf Geheimrat Prof. Heinrich Wieland, Ehrenmitglied des SK Starnberg (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Ein Versprechen für die Zukunft – 25-jähriger Kurt Ewald gewinnt im ersten Anlauf die Klubmeisterschaft
In der bewegten Saison 1956/57 gab es neben dem Gewinn der Zugspitz-Mannschaftsmeisterschaft und dem Tod von Geheimrat Prof. Heinrich Wieland ein weiteres bemerkenswertes Ereignis. Der 25-jährige Kurt Ewald, der dem Verein am 15.07.1956 beigetreten war, gewann bei seiner ersten Klubmeisterschaft gleich den Titel. Er wiederholte damit das Kunststück, das bereits Paul Cornel ein Jahr zuvor gelungen war. Auch dieser hatte bei seiner Premieren-Teilnahme an der Vereinsmeisterschaft sämtliche Konkurrenten hinter sich gelassen.
Beim Versuch, seinen Titel zu verteidigen, musste der frühere Pasinger Klubmeister Cornel aber nicht nur dem mehr als 15 Jahre jüngeren Ewald, sondern auch Altmeister Clemens Kainzbauer den Vortritt lassen. Beide schlossen den Wettbewerb mit 9,5 Punkten aus 12 Partien ab, während sich Cornel (9,0) mit dem Bronzerang zufriedengeben musste. Im Stichkampf um Platz 1, der kurioserweise erst drei Monate nach Ende des regulären Turniers stattfand, gewann Ewald mit 3:0. Es sollte nicht sein letzter Triumph bei der Klubmeisterschaft bleiben.
Gewannen jeweils bei ihrer ersten Teilnahme an der Starnberger Klubmeisterschaft gleich den Titel: Paul Cornel (Bild links, Sieger in der Spielzeit 1955/56) und sein Nachfolger Kurt Ewald (Bild rechts, mit Zigarette in der Hand, Sieger in der Saison 1956/57 / Bildquellen: Archiv SK Starnberg).
Ein segensreicher Geistesblitz von Jugendleiter Gerstetter – die Anfänge des Starnberger Schulschachs
Obwohl die Jugendsparte des Vereins am 01.10.1953 mit sieben jungen Schachanhängern gestartet war und man in den Folgejahren durchaus erfolgreich an Jugend-Mannschaftskämpfen teilnahm, so entwickelte sich die Abteilung insgesamt schlechter als erhofft. Die Zahl der schachinteressierten jungen Mitglieder sank nahezu jedes Jahr, bis schließlich zum Ende der Spielzeit 1957/58 nur noch ein einziger Jugendlicher im Mitgliederverzeichnis auftauchte (er trat in der Folgesaison aus!).
Die Jugendsparte des Vereins zählte seit der Gründung am 01.10.1953 bis zum Saisonende 1957/58 durchweg nur wenige Mitglieder, zudem nahm die Zahl der Jugendlichen fast mit jeder Saison ab (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Für Jugendleiter Christian Gerstetter, der wiederholt auf die immense Bedeutung der Jugendarbeit für eine erfolgreiche Zukunft des SK Starnberg hinwies („Das Gesicht des Vereins muss immer jung bleiben!“), konnte es so nicht mehr weitergehen. Er beschloss daher, im Gymnasium Starnberg – dieses befand sich damals an der Bahnhofstraße – eine Schulschachgruppe zu eröffnen und die schachinteressierten Schüler zum Verein zu lotsen. Die Bedingungen waren dabei keineswegs einladend: es musste in einer Baracke ohne Heizung gespielt werden. Um es in den Wintermonaten halbwegs warm zu haben, brachten die Teilnehmer selbst Brennholz mit, das in einem Ofen verfeuert wurde.
Trotz der widrigen Umstände trug Gerstetters Schulschach-Projekt schon nach kurzer Zeit Früchte. In der Saison 1958/59 durfte die Jugendabteilung des Schachklubs vier neue Gesichter begrüßen – darunter mit Rüdiger Bartsch den späteren Gewinner des Biberthaler-Pokalturniers und Vize-Stadtmeister des Jahres 1968. Besonders produktiv erwiesen sich für den SK Starnberg aber die Zugänge im Jahr 1960. Mit Manfred Schönbeck, Reinhard Popp und Andreas Weber traten dem Verein drei allesamt hoch veranlagte Schachtalente bei. Der 19-jährige Schönbeck bescherte den Seestädtern sogar auf Anhieb die ersten beiden Jugendtitel der Klubgeschichte! Er gewann im Jahr 1960 sowohl die Zuspitz-Einzelmeisterschaft in Fürstenfeldbruck als auch wenige Wochen später die oberbayerische Einzelmeisterschaft in Rosenheim. Seine etwa dreieinhalb Jahre jüngeren Kollegen Popp und Weber waren dagegen punktereiche Stützen im Starnberger Nachwuchsteam, das Anfang der 60er-Jahre drei Zugspitz-Bezirkstitel am Stück einheimste. Daneben sollten auch sie bei Einzelmeisterschaften brillieren (siehe Kapitel 4).
Drei der größten Nachwuchstalente aus der von SKS-Jugendleiter Christian Gerstetter trainierten Schulschachgruppe am Starnberger Gymnasium: Manfred Schönbeck (Bild links) sowie Reinhard Popp (im Hintergrund) und Andreas Weber (Bildquellen: Archiv SK Starnberg).
Gerstetters Idee, schachinteressierte Schüler für die Jugendabteilung des Klubs zu gewinnen, führte aber nicht nur zu einer Reihe künftiger Spitzenspieler. Es wuchs auch die gesamte Jugendsparte des SK Starnberg spürbar an. Besonders augenfällig war dies in der Spielzeit 1960/61, als die Abteilung neun Neuzugänge verzeichnete. Mit insgesamt elf Schachtalenten wies die Sektion erstmals einen zweistelligen Mitgliederbestand aus. Damit nicht genug: Gerstetters Idee erwies sich als so erfolgreich, dass sein Konzept in den folgenden Jahrzehnten sowohl am Starnberger Gymnasium als auch am Gymnasium Tutzing wiederholt angewandt wurde. Aus beiden Schulen sollten bis weit in die 90er-Jahre zahlreiche Schachtalente den Weg zum Starnberger Schachverein finden.
Vom Hotel ins Gasthaus – SK Starnberg zieht in den „Staltacher Hof“ um
Die Schüler des Starnberger Gymnasiums waren Ende der 50er-Jahre aber nicht die Einzigen, die in einer eher schmucklosen Atmosphäre Schachfiguren hin- und herschoben. Alle Mitglieder des SK Starnberg mussten sich ab der Saison 1958/59 auf rustikalere Verhältnisse einstellen. Denn der Verein wechselte zuvor erneut sein Spiellokal: vom Hotel „Seehof“, das die Schachspieler nach der Klubneugründung am 30.03.1949 beherbergt hatte, ging es in den „Staltacher Hof“ (der später zum „Gasthaus an der Au“ umbenannt wurde). Die genauen Hintergründe des Umzugs sind unklar. Fest steht aber, dass die Bande des Vereins zu Adolf Hirt, Miteigentümer des Hotels „Seehof“ und Schachklub-Ehrenmitglied, keineswegs abgebrochen wurden. So fand ein Teil der Feierlichkeiten zum 40-jährigen Vereinsbestehen im Jahr 1960 wieder im Hotel statt. Mannschaftskämpfe, Spielabende und das Jugendtraining wurden mit dem Umzug aber nur noch im „Staltacher Hof“ abgehalten.
Rustikal, aber solide: Anzeige des SK Starnberg zum neuen Spiellokal, dem Gasthof „Staltacher Hof“ (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Bewegte Saison 1958/59 beginnt mit Schock – Tod von Schachproblem-Komponist Theo Gastel
Das neue Spiellokal sollte dem Verein in der Spielzeit 1958/59 viel Glück bringen – und eine Reihe wichtiger Heimsiege. Zu Saisonbeginn mussten die Mitglieder aber eine traurige Nachricht verkraften: Theo Gastel, der in der Saison 1929/30 beigetreten war, starb am 17.10.1958. Gastel übte bereits kurz nach seinem Eintritt von Oktober 1930 bis Oktober 1931 das Amt des Schachwartes im damaligen Vorstand aus. Er hielt dem Verein im Anschluss trotz widrigster Umstände über Jahrzehnte die Treue. Während seines Wehrmacht-Einsatzes im 2. Weltkrieg schrieb er mehrmals Briefe an die Vereinsführung. Unter anderem berichtete er am 22.01.1944 über seinen Abbruch-Sieg gegen den zweimaligen WM-Herausforderer Efim Bogoljubow, der wenige Wochen zuvor eine Simultanvorstellung beim Reserve-Lazarett im polnischen Zamosc gegeben hatte (siehe Kapitel 2).
Gastel gehörte auch dem kleinen Kreis an Schachfreunden an, die nach der Vereinsauflösung im April 1945 den inoffiziellen Klubbetrieb im „Weinhaus Schirmer“ aufrechterhielten. Ebenso zählte er zu den ersten Mitgliedern des am 31.03.1949 wiedergegründeten Vereins. Bei der damaligen Generalversammlung wurde er zum ersten und bis heute einzigen „Problemwart“ in der Geschichte des Klubs gewählt. Als Dank für diese besondere Ehre stiftete er dem SK Starnberg zu dessen 30-jährigem Bestehen im Jahr 1950 ein selbst kreiertes Schachproblem inklusive Widmungsurkunde. Damit blieb er dem Verein auch weit nach seinem Ableben in guter Erinnerung.
Theo Gastels Schachproblem-Geschenk zum 30. Geburtstag des SK Starnberg im Jahr 1950: Weiß setzt in vier Zügen matt (Lösung am Ende des Kapitels / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Ewalds Meisterstück beim Klubturnier – zweiter Titelgewinn & Blitzsieg gegen Titelverteidiger Dr. Thurmayr
Verstarb mit Theo Gastel ein Schachproblem-Komponist des Vereins, so sollte mit Kurt Ewald schon bald ein anderes Mitglied in seine Fußstapfen treten. Doch bevor Ewald Anfang der 60er-Jahre seine äußerst ertragreiche Tätigkeit als Ersteller von Schachproblemen startete, gelang ihm bei der Klubmeisterschaft 1958/59 ein besonderer Coup. Nicht nur gewann der 27-jährige Stammspieler der ersten Mannschaft nach seinem Premieren-Titel in der Saison 1956/57 zum zweiten Mal Starnbergs wichtigstes Vereinsturnier. Er setzte sich zudem gleich zweimal gegen Titelverteidiger Dr. Alois Thurmayr durch. Furios war besonders sein erster Sieg gegen den dominierenden Vereinsspieler der 50er-Jahre. Ewald setzte mit Schwarz in nur 14 Zügen matt!
Überraschendes Ende einer denkwürdigen Partie: Kurt Ewald setzte auf dem Weg zum Sieg bei der Starnberger Klubmeisterschaft 1958/59 Titelverteidiger Dr. Alois Thurmayr mit den schwarzen Steinen in nur 14 Zügen matt (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Der Champion schlägt zurück – Dr. Thurmayr zum zweiten Mal Zugspitz-Bezirkseinzelmeister
Gerade seine herbe Weiß-Niederlage gegen Kurt Ewald bei der Klubmeisterschaft dürfte für Dr. Alois Thurmayr eine unangenehme Überraschung gewesen sein. Doch er reagierte, wie es Seriensieger zu tun pflegen. Er gewann einfach sein nächstes Turnier – in diesem Fall die Einzelmeisterschaft des Schachbezirks Zugspitze zu Jahresbeginn 1959 in Peißenberg. Es war sein zweiter Bezirksmeister-Titel nach dem Sieg bei dem 1954 in Starnberg ausgetragenen Wettbewerb.
Der Bezirks-Einzelmeister von 1959, Dr. Alois Thurmayr, bei der Arbeit (Bild links) und mit einigen Turnierkollegen: Volker Wildt (ganz links, damals Gauting / später Starnberg), Thomas Margelik (2.v.l. / Garmisch) und Hans Zeitler (Peißenberg / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Auch auf Vereinsebene setzte der Starnberger Amtsgerichtsrat seine Siegesserie fort und gewann ebenfalls in 1959 zum vierten Mal das Max Niedermaier-Wanderpokalturnier. Damit durfte er den im November 1952 gestifteten Preis, ein gerahmtes Ölgemälde, mit nach Hause nehmen. Bei der Klubausscheidung um den Dähne-Pokal musste Dr. Thurmayr jedoch seinem Teamkollegen aus der ersten Mannschaft, Dieter Srocke, den Vortritt lassen.
Doppelerfolg für Starnberger Herrenteams: 1. Mannschaft wird Bezirksmeister, 2. Mannschaft steigt auf
Apropos erste Mannschaft: sie brillierte in der Saison 1958/59 ebenfalls im Schachbezirk Zugspitze. Nach den Erfolgen in den Spielzeiten 1951/52 und 1956/57 wurde das Team zum dritten Mal Bezirks-Mannschaftsmeister! Dafür setzte man sich zunächst als Sieger der A-Klasse Nord durch, bevor am 01.03.1959 mit einem 4,5:3,5-Erfolg über Garmisch I, das erstplatzierte Team in der A-Klasse Süd, der Titel perfekt gemacht wurde.
Doch nicht nur bei Starnbergs „Erster“ durfte gefeiert werden, auch die zweite Garnitur des Klubs legte eine denkwürdige Saison hin. In der B-Klasse Süd startete das Oktett mit drei souveränen Siegen – 7:1 gegen Mittenwald, 7,5:0,5 gegen Peißenberg II und 6:5:1,5 gegen Murnau II. Nach einer denkbar knappen 3,5:4,5-Heimniederlage gegen den Lokalrivalen aus Söcking bedeutete letztlich ein 5:3-Schlussrundensieg am 22.02.1959 gegen Gräfelfing II Tabellenplatz 1 und damit den erstmaligen Aufstieg in die A-Klasse!
“Doppelgold“ für den SK Starnberg in der Saison 1958/59: während die 1. Mannschaft die A-Klasse Nord sowie den anschließenden Stichkampf um die Zugspitz-Bezirksmeisterschaft gewann, stieg Starnbergs „Zweite“ als Sieger der B-Klasse Süd in die A-Klasse auf (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Viele Wege führen zu Platz 1: während Starnberg II dank mehrerer klar gewonnener Wettkämpfe und einer damit sehr hohen Brettpunktzahl am Ende den Spitzenrang belegte, besiegte die „Erste“ all ihre Gegner (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Auf dem Weg zum Sieg in der A-Klasse Nord stellte für Starnbergs 1. Mannschaft das Aufeinandertreffen mit dem späteren Tabellenzweiten Fürstenfeldbruck I am 11.01.1959 eine Schlüsselbegegnung dar. Man duellierte sich an allen Brettern heftig, doch Erfolge von Robert Fischer (Brett 8), Klubmeister Kurt Ewald (5) und Bezirks-Einzelmeister Dr. Alois Thurmayr (1) ließen das Pendel zugunsten der Seestädter ausschlagen.
Matchwinner Nummer 1 gegen Fürstenfeldbruck: Robert Fischer an Brett 8 (links / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Matchwinner Nummer 2: Kurt Ewald an Brett 5 (im Vordergrund rechts / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Und Matchwinner Nummer 3: Dr. Alois Thurmayr am Spitzenbrett (links / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Nach dem Kraftakt gegen Fürstenfeldbruck ließ die 1. Mannschaft ihre perfekte Saison in der A-Klasse Nord am 01.02.1959 mit einem souveränen 7:1-Triumph gegen Gauting I ausklingen. Den Würmtal-Rivalen war dabei kein einziger Bretterfolg vergönnt. Stattdessen erzielten Dr. Alois Thurmayr (Brett 1), Rudolf Lugert (3), Dieter Srocke (4), Rüdiger Potschka (6), Irmgard Karner (7) und Wilhelm Nägle (8) allesamt volle Punkte.
Zwei Starnberger Punktegaranten an den hinteren Brettern im Saisonendspiel der A-Klasse Nord gegen Gauting I: Rüdiger Potschka (links, Brett 6) und Wilhelm Nägle (Brett 8 / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Und zwei Punktesammler an den vorderen Brettern: Rudolf Lugert (links, Brett 3) und Dieter Srocke (4 / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
In der Gautinger Lokalpresse wurde der starke Starnberger Auftritt im Würmtal-Duell gebührend gewürdigt.
Wenn der Tabellenführer in Spiellaune ist: Gautinger Lokalzeitungen berichten über Starnbergs 7:1-Kantersieg bei Gauting I am letzten Spieltag der A-Klasse Nord (Bildquellen: Archiv SK Starnberg).
In den Starnberger Medien wurde aber auch der historische Aufstieg der „Zweiten“ des SK Starnberg honoriert.
Nicht nur Starnbergs erste Mannschaft ist eine Schlagzeile wert: der „Land- und Seebote“ würdigte am 28.02.1959 auch den Aufstieg der zweiten Garde des SK Starnberg in die A-Klasse mit einem Artikel (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Für Starnbergs erste Mannschaft blieb jedoch nicht viel Zeit, ihren Erfolg in der A-Klasse Nord zu genießen. Bereits am 01.03.1959 stand das Duell um den Mannschaftsmeistertitel im Schachbezirk Zugspitze gegen den Sieger der A-Klasse Süd, Garmisch I, an. Dank Siegen von Rüdiger Potschka (Brett 5) und Teamkapitän Christian Gerstetter (8) reichte es am Ende zu einem 4,5:3,5-Erfolg – und die Seestädter durften erneut feiern.
Ein weiterer Starnberger Meilenstein in der an Erfolgen nicht armen Saison 1958/59: zum dritten Mal gewann die erste. Mannschaft des Klubs die Zugspitz-Mannschaftsmeisterschaft (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Kein Happy End für die erste Mannschaft auf oberbayerischer Ebene, aber Aufstieg in die Verbandsliga
Wie bereits in der Saison 1956/57 ging es für die erste Mannschaft nach dem Bezirksliga-Titel auf oberbayerischer Ebene weiter. Erneut fand das Rundenturnier zwischen den vier besten Teams in der Region in der Sportschule Grünwald statt, diesmal am Wochenende 17./18.04.1959. Die SKS-Akteure sahen sich dabei den Mannschaften von Hausham (nahe Miesbach), Rosenheim und Ingolstadt gegenüber. Anders als noch zwei Jahre zuvor, als die Seestädter den oberbayerischen Vizemeister-Titel erringen konnten, gab es diesmal für das Starnberger Oktett nichts zu holen. Das Team verlor gegen alle drei Konkurrenten klar. Mit lediglich 4,5 Brettpunkten aus drei Begegnungen belegte man abgeschlagen den letzten Platz.
Die Wochenend-Bilanz der Starnberger „Ersten“ vom 18./19.04.1959 in Grünwald: null Punkte, viereinhalb Brettpunkte und einige lehrreiche Erfahrungen (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Wurde beim SK Starnberg sicher nicht eingerahmt: die Schlusstabelle der oberbayerischen Mannschaftsmeisterschaft 1959 mit der abgeschlagenen ersten Mannschaft auf Platz vier (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Doch trotz des wenig erfreulichen Gastspiels auf oberbayerischer Ebene hielt die Spielzeit für die Seestädter noch eine positive Überraschung bereit: ab der neuen Saison durften sie gemeinsam mit ihrem A-Klasse Nord-Rivalen Fürstenfeldbruck I in der neu gegründeten Verbandsliga antreten. Die Liga war eine Spielklasse über der A-Klasse angesiedelt. Somit entging man einem direkten Duell mit der Starnberger „Zweiten“. Die schlechte Nachricht war allerdings: sämtliche Peiniger der 1. Mannschaft vom Grünwalder Wochenende waren auch in der Verbandsliga am Start – und sie sollten erneut wenig zimperlich mit der SKS-Auswahl umgehen.
Prosit Jubiläum – SK Starnberg in der Saison 1959/60 erstmals mit drei Herrenteams vertreten
Die erfolgreiche Spielzeit 1958/59 bescherte dem Verein nicht nur zwei Aufstiege und zwei Titelgewinne auf Bezirksebene, sondern auch satte 19 neue Mitglieder. Zwar standen der Eintrittswelle zwischen Ende August 1958 und Anfang September 1959 acht Austritte entgegen, doch insgesamt stieg der Mitgliederstand von 69 auf 80 an. Dies ermöglichte dem Verein zu seinem 40. Geburtstag eine Premiere zu feiern: erstmals konnte man für die Saison 1959/60 drei Erwachsenenteams melden. Während sich die 1. Mannschaft in der neu gegründeten Verbandsliga versuchen durfte, startete Starnbergs „Zweite“ in der A-Klasse Süd. Die neu gegründete dritte Starnberger Mannschaft trat schließlich in der B-Klasse Süd an – und sollte von allen drei Teams am besten abschneiden.
Auch die Starnberger Lokalpresse würdigte die zweifachen Aufstiege der SC-Teams, die Gründung einer dritten Herrenmannschaft und den Auftaktsieg der „Zweiten“ in der A-Klasse Süd (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Trotz Rückkehr von Erich Haßler – erste Mannschaft steigt nach nur einer Saison aus der Verbandsliga ab
Enttäuschend verlief für Starnbergs erste Mannschaft die Spielzeit in der Verbandsliga. Das Team war – wie bereits bei den vorigen oberbayerischen Titelkämpfen – den meisten Gegnern nicht gewachsen und gewann keine einzige Begegnung. Zwei Unentschieden und vier Niederlagen bedeuteten am Ende den letzten Tabellenplatz und den Abstieg in die A-Klasse. Daran konnte auch Erich Haßler nichts ändern, der nach seinem Abschied aus Starnberg in Richtung USA im Mai 1955 erstmal wieder für die Seestädter auf Punktejagd ging.
Nur zwei Mannschafts- und 15 Brettpunkte aus sechs Begegnungen: Starnbergs „Erste“ musste als Schlusslicht der Verbandsliga die Rückkehr in die A-Klasse antreten (Bildquelle: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Die SKS-Akteure konnten nicht einmal behaupten, dass das Schlachtenglück sie verlassen hatte. Denn genau das hatten sie in der Auftaktbegegnung gegen Ingolstadt I am 08.11.1959. An den Brettern verlor das Team mit 3,5:4,5. Doch da der Gegner von Franz Karner (Brett 8), gegen den er Remis spielte, nicht spielberechtigt war, erhielt Karner den vollen Punkt. Die Seestädter erreichten damit nachträglich ein 4:4-Unentschieden.
Kontoversen bei der Verbandsliga-Auftaktbegegnung Starnberg I – Ingolstadt I: Franz Karner (Brett 8, im Vordergrund links) spielte remis, erhielt wegen eines Meldefehlers der Gäste aber nachträglich den vollen Punkt. Neben Karner sitzend: Robert Fischer (Brett 7, Mitte) und Rüdiger Potschka (Brett 6 / Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Auch an den mittleren Brettern wurde hart gerungen, doch sowohl Paul Cornel (Brett 3, im Hintergrund ganz links) als auch die neben ihm sitzenden Dieter Srocke (4) und USA-Rückkehrer Erich Haßler (5) mussten sich mit Remisen begnügen (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Obwohl die Mannschaft im Anschluss viermal am Stück verlor – darunter gegen den verlustpunktfreien Tabellenführer Rosenheim I am 10.04.1960 mit der „Höchststrafe“ von 0:8 –, hatte das Team am letzten Spieltag immer noch die Chance, den drohenden Abstieg abzuwenden. Dafür musste im Heimspiel gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Schachfreunde von Mühldorf I am 22.05.1960 aber unbedingt gewonnen werden. Doch Siege von Rüdiger Potschka (Brett 5) und dem fleißigsten Starnberger Punktesammler der Saison, Paul Cornel (3), reichten am Ende nur zu einem 4:4-Unentschieden. Damit war das Abenteuer Verbandsliga für Starnbergs Spitzenspieler schon nach einem Jahr beendet. Es ging zurück in die A-Klasse.
Gegen Schlussrunden-Gegner Mühldorf I fehlte der Starnberger „Ersten“ ein halber Brettpunkt zum benötigten Sieg und Klassenerhalt. Daran änderte auch ein Erfolg von Paul Cornel (Brett 3) nichts, der mit 3,0 Punkten aus sechs Partien die meisten Brettpunkte für die SKS-Auswahl beisteuerte (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Mit einem blauen Auge davongekommen – Starnbergs „Zweite“ hält sich als Vorletzter in der A-Klasse
Wirklich rund lief die Saison auch für Starnbergs zweites Team nicht. Die Mannschaft, die zum ersten Mal in der A-Klasse Süd antrat, verlor drei von vier Begegnungen und wies mit insgesamt 10,5 Brettpunkten die geringste Brettpunktezahl aller Ligateams auf. Doch ein immens wichtiger 4,5:3,5-Auftaktsieg gegen den späteren Absteiger Garmisch I reichte den Seestädtern schließlich, um sich als Vorletzter den Klassenverbleib zu sichern.
Ein Sieg und die Saison war gerettet: mit dem 4,5:3,5-Auftakterfolg gegen Garmisch I sicherte sich Starnbergs zweite Mannschaft Platz vier sowie den Ligaverbleib in der A-Klasse Süd (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Der Starnberger Stolz der Saison – neu gegründete 3. Mannschaft steigt aus der B-Klasse Süd auf
Wer hätte das vor Beginn der Spielzeit 1959/60 gedacht? Nicht die beiden besten Starnberger Herrenteams sorgten für die sportlichen Höhepunkte der Saison, es war die erstmals angetretene dritte SC-Mannschaft in der B-Klasse Süd. Mit makellosen vier Siegen aus vier Begegnungen sowie einem kampflosen 8:0-Erfolg gegen Mittenwald I sicherte sich Starnbergs dritte Garde souverän den Spitzenrang. Lohn der Siegesserie: der Aufstieg in die A-Klasse! Besonders hervorzuheben innerhalb des Teams war die Leistung von Otto Friedl. Er avancierte mit 4,0 Punkten aus vier Partien zum besten Punktesammler der Seestädter.
Eine perfekte Saison in mehrfacher Hinsicht: sowohl Starnbergs dritte Mannschaft als auch ihr „Topscorer“ Otto Friedl (4,0 Punkte aus vier Partien) gewannen alle Ihre Begegnungen (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Neben Friedl erzielten auch mehrere seiner Teamkollegen exzellente Einzelergebnisse – darunter Brett 1-Spieler Wilhelm Nägle (3,0 Punkte aus vier Partien), Otto Helminger (2,5/3) und der SKS-Klubchef Georg Biberthaler (2/2).
Drei eifrige Punktesammler der Starnberger „Dritten“ im Kampf gegen Peißenberg II (rechts sitzend, von hinten nach vorne): Wilhelm Nägle, Georg Biberthaler und Otto Helminger (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Drei Pokalturniere, zwei Spiellokale und zahlreiche Festgäste – SK Starnberg feiert rauschenden 40. Geburtstag
Die Jubiläumsfeste des SK Starnberg waren – mit Ausnahme der aus Kriegsgründen ausgefallenen Feier zum 20. Vereinsgeburtstag im Jahr 1940 – durchweg besondere Veranstaltungen. Doch was der Schachklub zu seinem 40-jährigen Bestehen aufbot, stellte alle bisherigen Festlichkeiten klar in den Schatten. Insgesamt drei Pokalturniere waren im Frühjahr 1960 zu Ehren des neuerlichen Jubiläums vorgesehen. In jedem Turnier sollten ein Starnberger Team und drei Gastmannschaften mit jeweils acht Spielern antreten. Wie bereits bei früheren Pokalwettbewerben sollten die Teams zunächst in zwei „Halbfinals“ gegeneinander spielen. Die jeweiligen Sieger sollten anschließend um die gestifteten Pokale wetteifern, während die Verlierer im „kleinen Finale“ um einen Trostpreis spielen sollten. Kurioserweise sollte – analog zu ihrem Abschneiden in den Erwachsenen-Ligen – auch bei den Pokalturnieren das nominell schwächste Starnberger Oktett, Starnberg III, unter den Gastgeber-Teams den größten Erfolg erzielen.
Die ersten beiden Turniere fanden parallel am 21.02.1960 im „Staltacher Hof“ statt. Hier bekam es Starnberg II in „Gruppe A“ mit Penzberg, Gauting und Gräfelfing II zu tun. In „Gruppe B“ starteten neben Starnberg III die Teams aus Söcking, Unterpfaffenhofen und Gräfelfing III. Die Pokale für die Sieger der jeweiligen Gruppen stiftete neben dem SK Starnberg der Eigentümer des „Staltacher Hof“, Josef Scholz. Finanziell beteiligte sich auch die Stadt Starnberg an der Veranstaltung, über die in der regionalen Presse ausführlich berichtet wurde.
Selten hat eine Starnberger Schachveranstaltung so viel Aufmerksamkeit in der Presse erhalten: gleich mehrere Artikel widmeten die regionalen Zeitungen den Pokalturnieren zum 40-jährigen Geburtstag des SK Starnberg (Bildquellen: Archiv SK Starnberg).
Auch sportlich verliefen die Jubiläumsturniere im „Staltacher Hof“ erfreulich für die Gastgeber. Beide Starnberger Teams gewannen ihre Halbfinal-Begegnungen. Während sich Starnberg II in „Gruppe A“ souverän mit 5,5:2,5 gegen Gräfelfing II durchsetzte, kämpfte Starnbergs dritte Garde in „Gruppe B“ die Lokalrivalen aus Söcking mit 4,5:3,5 nieder. Die Finalkämpfe verliefen für beide Teams aber sehr verschieden. Während Starnbergs zweite Mannschaft gegen Penzberg eine klare 2:6-Niederlage quittieren musste, wies Starnberg III die Gegner von Gräfelfing III mit 6:2 ebenso deutlich in die Schranken. Damit blieb zumindest ein Siegerpokal in der Kreisstadt!
Zweimal im Finale, einmal den Pott geholt: die Starnberger Teams konnten bei den ersten beiden Pokalturnieren im „Staltacher Hof“ zum 40. Vereinsgeburtstag durchaus überzeugen (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Trotz feierlichem Anlass schenkten sich die Kontrahenten in den Halbfinal-Begegnungen der „Gruppe A“ nichts: an der rechten Tischreihe wetteiferten Starnberg II (in Richtung Kamera sitzend) und Gräfelfing II (5,5:2,5), an der linken Tischreihe kämpften die Teams aus Penzberg und Gauting (6,5:1,5 / Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Auch im Endspiel der „B-Gruppe“ zwischen Starnberg III und Gräfelfing II (6:2) war einiges geboten: am Tisch im Vordergrund gewannen Otto Friedl (links, Brett 7) und Nebenmann Burchard van Nolcken (Brett 6) ihre Partien, im Hintergrund kiebitzten Wilhelm Nägle (links) und Manfred Srocke (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Erfüllten die beiden Pokalturniere im „Staltacher Hof“ im 64 Teilnehmern zweifellos die Erwartungen, so setzte das dritte Pokalturnier am 20.03.1960 nochmal neue Maßstäbe. Adolf Hirt, Ehrenmitglied des SK Starnberg und Miteigentümer des Hotels „Seehof“, stellte für die Veranstaltung den imposanten Kongresssaal seines Hotels zur Verfügung. Zudem stiftete er einen Siegerpokal. Diesen sollten neben dem stärksten Starnberger Oktett die Schachfreunde aus Freising, Gräfelfing und vom Damenschachklub München ausspielen. Letztere waren seit Starnbergs erstem Mannschafts-Pokalturnier im Jahr 1930 Stammgäste bei den Geburtstagswettbewerben des Klubs. Auch diesmal reisten sie mit einer spielstarken Mannschaft – inklusive der amtierenden Deutschen Damenmeisterin Friedl Rinder – an. Rinder war es auch, die den Seestädtern ein Geburtstagsgeschenk in Form einer Schachuhr mit Widmung überreichte.
Das Turnier wurde im selben Modus wie die Pokalturniere im „Staltacher Hof“ ausgetragen. Die Auslosung der „Halbfinals“ ergab die Begegnungen Freising gegen Damenschachklub Freising und Gräfelfing gegen Starnberg. Beide Matches verliefen sehr eng. Am Ende behielten Freising und Gräfelfing mit jeweils 4,5:3,5 die Oberhand.
Geschenke vor dem Turnier, aber nicht während des Wettkampfes: trotz starker Aufstellung verpasste Starnberg I beim Haupt-Pokalturnier zum 40-jährigen Vereinsbestehen das Finale (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Auch die einzige Dame im Starnberger Team, Irmgard Karner (Brett 8), konnte ebenso wenig wie ihr neben ihr spielender Gatte Franz Karner (7) die Starnberger Niederlage gegen Gräfelfing verhindern (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
In der Begegnung Freising gegen den Damenschachklub München blieb den Kontrahenten ebenfalls keine Zeit, das festliche Ambiente zu bewundern: links die Kämpfe an den ersten Brettern (im Vordergrund die Spitzenpaarung Friedl Rinder gegen Herrn Meizinger), rechts die Duelle an den hinteren Brettern (im Vordergrund die Brett 8-Partie zwischen Frau Hoffmann und Herrn Schnell / Bildquellen: Archiv SK Starnberg).
Nicht weniger dramatisch als die Halbfinal-Begegnungen verlief im Anschluss das Pokalfinale zwischen Freising und Gräfelfing. Hier führten Letztere bereits 3:1, als wegen Zeitmangels der Ausgang der übrigen Partien abgeschätzt werden musste. Freising erreichte dadurch noch ein 4:4-Unentschieden. Da Gräfelfing jedoch das Duell am Spitzenbrett gewann, wurden die Würmtaler nach Berliner Wertung – Sieg am vordersten Brett – zum Gewinner der Begegnung und des Pokalturniers erklärt. Vergleichsweise unspektakulär verlief hingegen der Wettkampf um den Trostpreis. Hier behielt Starnberg mit 6:2 klar die Oberhand gegen den Münchner Damenschachklub.
Dramatik bis zum Schluss: Gräfelfing gewann nach Partienabschätzung und Berliner Wertung das Finale des Pokalturnieres, während sich Starnberg den Trostpreis sicherte (Bildquellen: Archiv SK Starnberg / Handschriftliche Aufzeichnungen von Christian Gerstetter).
Ein Achtungserfolg gelang Dr. Alois Thurmayr in der Begegnung um Platz 3 zwischen Starnberg und dem Damenschachklub München: er besiegte am Spitzenbrett die Deutsche Damenmeisterin Friedl Rinder. Neben Thurmayr spielten Paul Cornel (Brett 2) und Kurt Ewald (3) jeweils remis (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Obwohl die Starnberger Auswahl das Jubiläums-Pokalturnier im Hotel „Seehof“ nicht gewinnen konnte, war die regionale Presse voll des Lobes für die Veranstaltung. In einem Artikel des Starnberger „Land- und Seebote“ vom 26.03.1960 wurde sie als „Markstein in Starnbergs Schachgeschichte“ bezeichnet.
Eine bessere Berichterstattung zum Hauptturnier seiner 40-Jahr-Feier hätte sich der SK Starnberg wohl kaum wünschen können: ein ebenso ausführlicher wie wohlgesonnener Artikel im Starnberger „Land- und Seebote“ vom 26.03.1960 (Bildquelle: Archiv SK Starnberg).
Die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen waren für den SK Starnberg aber nur ein Vorgeschmack auf das kommende Jahrzehnt, welches dem Klub mehr Erfolge bescheren sollte als jemals zuvor in seiner Geschichte.
Schachproblem von Theo Gastel zum 30. Geburtstag des SK Starnberg im Jahr 1950 – eine mögliche Lösung: 1. La6 Kd3 2. Sa3+ Kd4 3. Se2+ Ke5 4. Sd4# oder 1. … Kb4 2. Sxc7 Ka5 3. Ld8 Kb4 4. S7d5#